Zur Frage der Priesterweihe von Frauen – 4. Teil. Der Begriff der Repräsentation.

Der  Begriff „Repräsentation“  wird gerne hergenommen zur Charakterisierung der sakramentalen Handlungsweise eines Priesters, der „in persona Christi“ handelt. Ebenso gilt für einen Regierungsabgeordneten/eine Abgeordnete, dass er/sie in einer „repräsentativen“ Demokratie einen allgemeinen Rechtswillen „repräsentiert“.

In der WL 1804/4, die FICHTE 1805 in Erlangen gehalten hat, 1 kommt sehr oft das Verhältnis Absolutes und Wissen, Absolutes und Existentialform des Wissens, Absolutes und Ich-Form, zur Sprache. Hochinteressant! Ich suche jetzt in diesem Zusammenhang nach dem Gebrauch des Wortes „Repräsentation“, ob dieser Begriff tauglich wäre, ein im weiteren Sinn conditionale Ordination zu denken, in der sich das Grundprinzip von Geschichte, in dem sich das Konkrete faktisch ordiniert, objektivierbar und zeitlich und räumlich und sinnlich zugänglich macht. Die conditionale Ordnung, die ich im Begriff einer sakramentalen Ordnung und im Begriff der Sakramente und Traditionen und Taten voraussetze – von mir genetische Erkenntnis genannt – ist ja ihrerseits Bild für eine causale und zeitliche Ordination, nach der sich die Genesis (die genetische Erkenntnis) objektiviert und vollendet. Die zeitliche Erstreckung der Genesis muss sich in concreto doch repräsentieren lassen – die Frage ist nur, in welcher Form. Eine bloß theoretische „Repräsentation“, d. h. dass die inhaltlich in Frage stehende Idee (der allgemeine Rechtswille im Staate, die Erlösungsidee in der Kirche) „repräsentiert“, verzeitigt und inkarniert werden kann, das ist die Frage.  Ein Begriff, der letztlich theoretisch sein muss, wird es alleine aber nicht begreifen! Er impliziert immer die  Negation seines Bildes.  Es müsste in der „Repräsentation“ zugleich eine praktische Verwirklichung und eine praktische Erfahrung enthalten sein. 

Die von mir herausgegriffenen Vorlesungen aus der WL 1804/4 spiegeln diese Ambivalenz wieder, wie ein Bild der Transzendenz möglich sein kann – und auch nicht.  

Mein Ergebnis wird sein: Bildhaft kann und muss sogar von „Repräsentation“ gesprochen werden, weil anders ein Verhältnis zwischen dem Dasein eines geistigen Gehaltes  und seines Begriffs nicht gefasst  werden kann. Der Begriff „Repräsentation“ ist  sehr wertvoll, aber ebenso höchst anfällig für Machtmissbrauch und illegitime Anmaßung.2

1)  Für das Verhältnis Gott/Mensch kann vom biblischen Sprachgebrauch ausgegangen werden:  Das Vernunftwesen ist „Bild Gottes“. „Dann sprach Gott: Lasst uns Menschen machen als unser Bild, uns ähnlich!“ (Gen 1, 26a.)

Für eine vernünftige Durchdringung dieses Begriffes „Bild“ (oder „Abbild“) – und ebenso für eine immer wieder notwendige transzendentale Kritik! desselben  – eignet sich die platonische oder fichtesche Bildlehre am besten. Die unendlich komparativen, historischen Vergleiche der Bibelwissenschaft, wo und wie wurde „Bild“, „Abbild“, „Statue“, „eikon“, „imago“ gebraucht….. das überspringe ich hier. Siehe diverse lexikalische Auskünfte. Historische Vorstellungen begründen  nicht die Form der Anschauung hinter dem Wort, solange sie nicht deduktiv begründet sind.

Es geht um eine apriorische Wesensgesetzlichkeit. Wie kann das Vernunftwesen „Mensch“  Bild des Bildes vom wahren Sein des Absoluten sein, d. h. hier in Konzilssprache des 2. Vatikanums formuliert, „Christus repräsentieren“ in einem allgemeinen und besonderen Priestertum siehe z. B. 2. Vatikanum,  LG 10 oder LG 22.
In einer repräsentativen Demokratie müsste analog gesagt werden, dass ein Abgeordneter/eine Abgeordnete ein Repräsentant/Repräsentantin  eines allgemeinen Rechtswillens (nicht pauschal gesagt, eines „Volkes“) sein  soll.  

Fichte  lehnt, das sei vorweg gesagt, scharfsinnig jedes reduktiv-begriffliche Erreichen des Wissens von Gott (des Absoluten) als in einem begrifflichen Bild fassbar  ab.3

Trotzdem muss der Begriff des „Absoluten“ vorausgesetzt werden. So z. B. einmal in einer Stelle der WL 1804/2: Der Begriff scheitert zwar am Absoluten, aber zu sagen, das Absolute sei deshalb an sich unbegreiflich, wäre ebenfalls falsch. „Es, das Absolute, ist nicht an sich unbegreiflich, denn dies hat keinen Sinn“ (4. Vortrag, ebd. S 58, Z 16).

Wir erkennen nicht aus Gott selber den Grund des Vernunftdaseins (den Begriff der „Existenz“), aber wir erkennen – in analoger Weise zum lebendigen Denkakt ANSELMS und zur „idea“ der Vollkommenheit Gottes bei DESCARTES gesprochen – das Dasein Gottes aus dem notwendigen Sehen und der damit einhergehenden Vernunfterkenntnis von Existenz.

Fichte hat  überaus  mehr als alle andere Philosophen seiner Zeit a) die Wissensbegründung gerade  in und aus dem Absoluten gerechtfertigt und b) darüber hinaus explizit den Begriff der Religion als eine materiale Form der Wissens  deklariert und c) ausdrücklich die positive Offenbarung in JESUS CHRISTUS immer wieder thematisiert. (Ob er es im christlich überlieferten Sinn erreicht hat, sei dahingestellt. Die Ausführungen Hegels oder Schellings zu Jesus Christus sind geradezu beschämend!)4

2) Ich möchte  fünf Passagen (beispielhaft)  aus der WL 1804/4, gehalten 1805 in Erlangen, beleuchten, in der das reflektierende Wissen auf eine Negationsdialektik der Einsicht in das Wesen Gottes hinausläuft. Was wir von Gott wissen können, ist nur der Begriff eines ausgeschlossenen Negativen. Das, was Gott nicht ist, das schließen wir aus und das wissen wir. (Viele Anschlussstellen zu PLOTIN oder DIONYSIOS AREOGPAGITA ließen sich hier bringen!)

Ergo, so jetzt meine Schlussfolgerung, kann und muss sehr differenziert, in bestimmter!, nicht willkürlicher Differenz, von einer „Repräsentation“ und Repräsentationsmöglichkeit Gottes gesprochen werden. 
Die durch das Sittengesetz apriorisch und positiv vermittelte Offenbarungsweise  verlangt einerseits  deduktiv von „Repräsentation“ in
bestimmter Differenz zu sprechen  – sei es im kirchlichen Bereich oder im säkularen Bereich der Repräsentation eines allgemeinen Rechtswillens  in  einer „repräsentativen“ Demokratie, andererseits kann diese nicht reduktiv erreicht werden, was so viel heißen täte, als wäre der HEILIGE GEIST selbst begrifflich zu fassen. 

Die genetische  Einsicht  in eine Erkennbarkeit und Repräsentation der Wahrheit und der Repräsentation des Göttlichen  – sei es im kirchlichen oder weltlichen Bereich – muss im fakultativen und schematisierenden Bildungs- und Denkprozess  übertragen werden auf einen Träger/Trägerin der Repräsentation – Bischof/Priester/Diakon oder Abgeordneter/Abgeordnete, Richter/Richterin, Polizist/Polizistin – und da beginnen die Ambivalenzen und Mehrdeutigkeiten. Die ideelle Einsicht in die Repräsentation und Erkennbarkeit kann nicht problemlos und kritiklos auf eine reelle, bildliche Einsicht in einem Träger/Trägerin übertragen und verifiziert werden.  Eine  transzendentale Differenz muss bleiben – und doch wird oft die ratio cognoscendi einer Repräsentation (des göttlichen Sollens, eines Rechts-Gesetzes) mit der ratio essendi des Trägers/der Trägerin  vorschnell identifiziert?!
Eine Ausnahme in der Übertragung gäbe es allerdings, sehr interessant von Fichte herausgearbeitet, wenn der Offenbarungsträger unmittelbar den heiligen Willen selbst repräsentiert und verzeitigt und inkarniert. Siehe dann 13. Stunde.

2.) Aus einem nur reflexiven, begrifflichen  Wissen heraus kann eine Erkenntnis Gottes nicht erreicht werden – das ist sozusagen Negativbefund dieser WL 1804/4  (So meine Sicht; ganz sicher bin ich  mir hier nicht, was die ganze WL 1804/4 betrifft!?)

2) Inwiefern es enerseits eine positive Einsicht in die Äußerung Gottes und in eine Verknüpfung von intelligibler und sinnlicher Welt ebenfalls geben muss, wie die WLn (pl.!) ab 1801/02 einstimmig ausführen (und der christliche  Glaube bekennt), so muss  andererseits die Kritik hellwach bleiben: Wie sollte eine kirchliche oder säkular-politische Repräsentation aussehen, ohne ins Gegenteil einer illegitimen,  despotischen Machtausübung  oder angemaßten Repräsentationsausübung zu kippen?

Jetzt konkret zur Frage, negative oder positive Gottesrede, Transzendenz und Immanenz, „Repräsentation“ in causaler Form oder doch nicht möglich: 

2. 1) In der 11. Stunde der WL 1804/4 GA II, 9, ebd., S 228 ff beschäftigt sich Fichte mit dieser Frage, ob das Licht und die Existenz und das Wesen des Wissens Ausdrucksweisen, oder anders gesagt, „Repräsentationen“ des Absoluten sein können. (Der Text der WL ist rot hervorgehoben).

„ Das Licht ist die göttliche Existenz selbst, – wie wir vom Lichte aufsteigend <erkennen»; vielmehr aber, wie wir nun einsehen: die göttliche Existenz ist das Licht: und dies zwar also: das Licht ist nicht an sich, die «göttl».” Existenz selber, insofern wir eine solche Existenz noch späterhin zugeben werden; sondern es ist nur die Form, deri absolut nothwendige modus existendi der göttl. Existenz: erwiesen aus dem als. Eine Theorie des Wissens oder des Lichts wäre daher, dak hier die Folge eintritt[,] möglich, u. sie enthielte 1.). was aus dem Lichte als solchem folge 2) was daraus, daß es <nicht‘ an> sich Licht, sondern die göttliche Existenzfolge. 3.). da im wirklichen Seyn beides schlechthin unabtrennlich ist, in einer organischen Einheit des Daseyns, müste das wirkl. Seyn aus dem Begriffe dieser organischen Einheit beider abgeleitet werden. – . Beides daher zu vereinen“, beides auch rein abzusondern. Da standen wir: ich erkläre jetzo bestimmt, wie ich in der lezten Stunde schon andeutete, daß wir noch immer nicht bei’m reinen Grundbegriffe des Wissens angekommen sind; noch aufzusteigen haben. Dies zeigte sich in der lezten Stunde also: Das absolute war selbst Glied einer Relation, mithin gar nicht absolutes: —

„ (…) für eine Ergründung des Wissens in seinem wahren Wesen muß das Licht nicht in sich selber bleiben, sondern es muß ein Mittel finden aus sich selbst herauszugehen. — . Wir unseres Ortes wollen zunächst sehen, ob wir dieses Herausgehen faktisch vollziehen können, (….) das absolute als absolutes (nicht freilich material, sondern formal zu verstehen,) wollen wir ergreifen: u. zwar keinesweges in seinem innern Seyn, was uns wohl durchaus unmöglich seyn dürfte ohne es selbst zu werden“, sondern in seiner Existenz. Nun ist es offenbar also nur anzutreffen unmittelbar im Existiren, als kräftigem Leben, denn nur in dem ist es noch selber; in der Existenz, als abgeschloßenem Akte, ist es schon erloschen und lediglich noch in seinem Repräsentanten; es selber [-] u. in“ seiner unmittelbaren Anwesenheit“ [-] ist ruhend, u. tod – .(…)“(Alle Hervorhebungen hier und in folgenden Passagen von mir.) (Ebd. S 229.230

„(….) Sonach ist das unmittelbare Existiren Gottes, in welchem allein wir ihn erfassen können, keinesweges das Licht in seinem Seyn; (…) denn in dieser Wechselbestimmung hört das Existiren auf Existiren zu seyn, und wird Existenz – sondern Gott existirt als Licht; u. Zwar als absolutes, sich selbst schlechthin erzeugendes Licht. . Nicht in, sondern als — Sein Existiren ist erzeugen des Lichtes. — . Absolute, sage ich; nicht in ihm selber, welche[s] ja das Licht? voraussezt. Bisher, vernichtet sich, erzeugt sich; ja oben drüber stehend, u. unvermerkt aus sich selbst das Gesez welches es ausspricht, hergebend, z. B. die Relation, das durch, wodurch uns eben, als ein nicht aufgegebnes Gesez, über dessen Nichtaufgeben wir uns hinterher historisch ergriffen, das absolute seine Absolutheit verlohr: – Daß wir sagten, wir könnten nicht anders sehen, kam in der That daher, daß wir eben nichts andres sahen, Drum war die Folge klar. — . Dort war Täuschung mit der Genesis.

(Ebd. S 230-231)

„(…) Einsehen wollen wir ja das Absolute, schlechthin als solches; dies aber können wir nicht ohne zu sehen;“ ohne sehend zu seyn, u ohne eben daß wir Sehen seyen: Sehen aber bleibt absolut sehen, bestimmt durch seines Wesens Gesetze, welche eben geben, was sich soeben ergeben hat. — So verhält es sich hier. Wir kommen auf diese Weise schlechthin zu keinem absoluten.“

2.2) In der 12. Stunde wird dieses Verhältnis Absolutes/Wissen weitergeführt – und vernunftkritisch, nicht fideistisch!, muss der Glaube hinzukommen. Ebd. S 233

„(…) damit mir fernerhin die Sprache nicht ausgehe, lassen Sie die aufgezeigte absoute Reflektirbarkeit des Lichtes gelten als bloß faktisches Licht, d. h. welches wirklich ist, aber in Beziehung auf Wahrheit und Wesen durchaus Nichtig ist und nichts> gilt, – [/] u. setzen Sie dieses rein faktische Licht als Mittelpunkt zwischen der Anfoderung des Scheines, zu gelten, gegen die Wahrheit, u. der Wahrheit, zu gelten gegen den Schein; so wäre die Bestimmung dieses faktischen Lichts dem Schein zuwider die Wahrheit gelten zu lassen, ein absolutes, u reines Machen seines innern Wesens, schlechthin aus nichts, von nichts, und seinem eignen Wesen zuwider. Ein rein praktisches, reelles Machen, u anfangen aller Wahrheit durchaus per hiatum. Schlechthin frei,Ansicht nehmen, u Maxime machen, sich machen zu einem so sehen: aus keinem Sehen: indem alles andere Sehen das Gegentheil <aus> sagt“ – Nicht‘ gelten lassen: Wie nennen wirs? Glaube: sezt faktisches Licht durchaus leer», u. <nichtig: absolut aus u. von sich selber machend, das formale Quale (nicht das materiale, denn darüber wäre wohl noch mehr zu sprechen) (…)

Der Glaubes erschafft nicht das absolute: wäre wieder der erste Irrthum, dereinen neuen Glauben vernichtet werden müste, daß daher der erste Glaube nicht der absolute Glaube gewesen wäre ; sondern ihm, als dem lezten u. absoluten Fakto giebt sich das absolute: Er hebt in sich an vom Unglauben an sich selber; diese<m> giebt sich das Absolute, u. so erst wird er positiver Glaube. 2.). Der Glaube“ ist Unglaube an die absolute Reflektirbarkeit: er ist daher bedingt dadurch daß man diese, als absolut faktisch, erkenne, und als solche sie gelten lasse. (…)

2. 3) In der 13. Stunde kommt dann explizit der Begriff der „Repräsentation“ vor. Es hat zuerst den Anschein, als ob das Absolute im Als-Begriff zu fassen wäre. Dies wird aber abgewiesen!

Diese eine Bemerkung, wie oben schon erwähnt, fällt mir aber auf: Der  Begriff der „Genesis“ erlaubt eine Repräsentation in ihm selber“ . Ist nicht das das Urbekenntnis des christlichen Glaubens, dass a) sowohl der „Sohn“ ungetrennt vom „Vater“ ist, als auch, dass  b) die Gottesidee in sich selbst Beziehung und Repräsentation ist im „Heiligen Geist“? Der Genesis-Begriff erlaubt Beziehung und Formen der  „Repräsentation“  zu denken?! Die göttliche Einheit ist in sich Beziehung, Dreifaltigkeit, eine Ur-Repräsentation, ein Gott, gleich in jeder Person?!

Ebd. S 240, 241.„(….) also in absoluter Einheit des Intuirens, u Intelligirens, welche hier erst erzeugt werden; drum objectiv, u. eben drum in der Form des als; oder in der Form des als, u. drum objectiv. Das hier erscheinende Absolute, ist daher wirklich nicht unmittelbar das absolute, sondern es ist nur in seiner Repräsentation; u. es ist wirklich objektivirt; u. wir bedürfen es nicht weiter, die Gültigkeit” davon durch einen Glauben niederzuschlagen, sondern wir können es gestehen, u. anerkennen, denn wir haben es erklärt: – es ist repräsentirt, u. objectivirt, nicht weil das absolute repräsentirt pp sondern weil das Licht sich selber repräsentirt u. objektivirt werden muß, u. vermittelst pp. Das wahre Absolute <in  seiner Unmittelbarkeit haben wir jezt wo anders, in A. – u. zwar in der reinen absoluten Genesis, Genesis sage ich von A. –. Wie nun* aber A. zu einem selbst ständigen Seyn in sich selber komme, aus welchem doch allein erst seine Repräsentation in ihm selber, u. aus dieser die des Absoluten folgt, wissen wir dermalen selbst noch nicht. — Es ist hier noch eine Lüke zu deren Anerkenntniß ich Ihnen oben, durch die Nachweisung einer unvermerkten Erschleichung geholfen habe. (….)

Vorbereitende Aussichten, damit ich Sie doch nicht ohne neues entlasse: Das Selbständige Seyn des A. giebt ihm offenbar die objective ExistentialForm in die es aufgenommen ist. Wie ist es denn zu dieser Form gekommen? Ist wohl einerlei mit der Frage: wie sind wir denn zu demselben gekommen; denn so wir zu demselben  kommen, kommt es eben‘ Uns gegenüber in diese Form. Antw.: Durch den Glauben. Er giebt diese Form, unmittelbar durch sein faktisches seyn, durch sich selber, als Faktum; ohnerachtet er freilich an das Produkt“ dieser Form als solcher nicht glaubt, weil er sodann eben nicht Glaube wäre, u. das Absolute gar nicht hätte. Er giebt diese Form, diese Form aber giebt selbstständiges Seyn, mithin ist er es der pp. Er hält sich,‘ nicht glaubend an das wirkl.” Seyn dieser Form, an das Resultat seines Formgebens, und giebt über demselben sich selbst sein Seyn, als das wahre, u. höchste Seyn; wovon das andere nur das vermittelte, an welches er daher ohne Zweifel nicht glaubt, da er an den Grund desselben, die Form, nicht glaubt: Ferner: was ist, das dieses Formgeben unabtrennlich, als sein Neben, u. Wechselglied mitbringt, oder von ihm mitgebracht wird? Antw. Die absolute Reflektirbarkeit, das Wir, oder Ich: und so würde denn das Ich, u. zwar das absolute des Glaubens, oder der [/]” W. L. zum unmittelbaren Repräsentanten des Absoluten  werden; u. die Anschauung u. das Intelligiren des Absoluten als Absoluten nur zu seinem, des Ich, Repräsentanten, freilich in Beziehung auf ihn zum absoluten Repräsentanten. Gegen diese glänzende Aussicht kann bloß folgender Umstand uns verdächtig machen. Bis jezt erscheint der Glaube noch immer als etwas, das seyn kann, oder auch  nicht: mithin auch das Ich, <in> soferne: Zwischen ihm, u. dem absoluten ist selber noch eine Lüke. (….)

Es ist m. E. bemerkenswert, dass die Geltungsform des „Ich/der Ichheit“ zuerst  eine Wir-Reflektierbarkeit einer universellen Vernunft ist.
Anders angesehen: Die Frage der Repräsentationsmöglichkeit des Absoluten/Gottes  verläuft zuerst in einem Interpersonalverhältnis. (Hier sind die Parallelen zur Hl. Schrift des NT wohl frappierend: Die kirchlichen Ämter sind ja nachösterlich. Das Pfingstgeschehen war zuerst ein Gemeinschaftsgeschehen „…. alle befanden sich am gemeinsamen Ort der Gesinnung……“)

Es kommen Fichte dann  gleich wieder realistische Zweifel an dieser idealistischen und vernünftigen und glaubensmäßigen Objektivierung: Denn selbst bei dieser „glänzende(n) Aussicht“ bleibt eine Form des Reflektierens bestehen. Es kann bei dieser Methode reiner Begrifflichkeit, und sei es in der Begrifflichkeit, die sich als „Glaube“ ausgibt, eine reelle Kausalität einer Erscheinung des Absoluten nicht erreicht werden.

Da aber die WL und generell die Transzendentalphilosophie mit dem Geltungsanspruch auftritt, in abstrakten Termini die Prinzipien der Einheit wie der Mannigfaltigkeit (der Verzeitigung und Inkarnation) zu begreifen und in Prinzipien eine vollkommene Erkenntnis, d. h. Wahrheit und phänomenologisch Erkenntnis der Erkenntnis zu leisten,  so folgert sie berechtigt (gerechtfertigt) aus dem Geltungsgrund  die Wissensbedingungen und Begriffe:  Anfang, Liebe und Wert.5 
Diese reellen Vollzüge können nicht nicht gesetzt und nicht nicht vollzogen werden.  Es wird immer in gewissem Sinne genetisch und anfänglich und zweck- und wertrational  gehandelt.

Diese zuerst universelle und dann individuelle Nach-Bildung ist eine Synthesis  sittlicher Wertung, ist praktisches Wollen-in-actu und theoretisch vorstellbar als Re-Konstruktion und Vergegenwärtigung der genetisch vollendeten Äußerung und Inkarnation Gottes.

Es könnte jetzt weiter hier ausgeführt werden: In Objektivierungen der Genesis entstehen sowohl Vernunft- und Verstandeserkenntnis, zeitliche und räumliche und sinnliche Formen, um jede Faktizität zu erfassen und zu begreifen. Die Vorstellungen der Faktizität verlaufen genau nach den Evidenzgrenzen von Natur, Logos, Geschichte und Sinn.  

Die Wissensform des Glaubens ergibt nach Fichte die paradoxe Formulierung:  Der Glaube „(…) giebt diese Form unmittelbar durch sein faktisches seyn, durch sich selber, als Faktum; ohnerachtet er freilich an das „Produkt“ dieser Form als solcher nicht glaubt, weil er sodann eben nicht Glaube wäre, (…)“. (13. Std., GA II, 9, S 242) 

2. 4) Der 14. Vortrag steigert das Problem einer Repräsentierbarkeit des Absoluten im Ich-Begriff. Die Geltungsform „Ich“ , die als aussichtsreichster Kandidatin übrig geblieben ist  – erreicht sie eine Repräsentationsform  Gottes?
Die Geltungsform zeigt sich, das ist jetzt neu und deutlicher zu sehen,
als Leben, als Tätigkeit. Das Absolute IST  und „es lebt in uns“ – aber es ist nicht Begriff. 
Ebd. S 243:

„Unsere überhaupt höchste, u. dermalen uns auch am nächsten liegende Aufgabe ist so gefaßt: den unmittelbaren Repräsentanten des Absoluten, eben als Absolut, in seiner wahren, nie sich wieder auflösenden Absolutheit zu finden: – auch, den unmittelbaren Berührungspunkt des absolut existirenden, mit der Existenz, in der Existenz selber. Das Ich, das durch Glauben vermittelst des Nichtglaubens an seine Form, das absolute ergreift. — . Erfodert nur noch den Beweiß, daß das absolute als absolutes, schlechthin nothwendig in dem göttlichen Exisieren vorkommen müsse. (…)“

Ebd. S 244[* am Seitenende unter einem durchgehenden Strich:] NB. E«r» existiret nicht  ei[nmal] alsLicht, sondern er existiret als Ich, u. erst vermittelst des Ich im Lichte. Das Ich erst, als absolut u. rein praktisches Princip projiciret alles Licht. Das Ich ist der <unmittelbare Repräsentant der Urrealität, u. selbst die absolute Realität. – . Selbst unser dermaliges Absolutes wird als ein Begriff anerkannt wer den; denn das absolute ist nicht als Begriff, sondern als unmittelbare Realität im Ich, als seiner Form: Es lebt in uns.

Ebd. S 245 -. Kommt (sc. das Wesen des Wissens, eine dem Intelligieren mögliche Intuition) als solches schlechthin in keinem anderen Wissen, Repräsentation, intelligirendem Bilde vor: = unbegreiflich, unerforschlich: real, oder praktisch. . . Sich Projektion, absolute in seinem Wesen = Ich: also, ein absolut unerforschliches, reales  Ich. -. Sie sehen wohl, daß hier, wo die Sprache sehr zu Rathe gehalten werden muß, die treffenden Ausdrüke die nicht treffenden corrigiren sollen: reales, die Sich  Projection, nicht «etwa> Akt, den eben die Repräsentation sezt, u. nur in ihr ist, sondern Stand, u. Seyn: projicirtseyn, u. nur in diesem Projicirtseyn seyn. – . Helfen Sie mit einem andern.: absolute Inversion, Rükkehr; auch nicht <als Akt, oder Veränderung von einem terminus a quo: Sondern seyn, nur in diesem Gekehrtseyn in sich selber, u. ausserdem gar nicht. in diesem formalen Wohnen in sich selber; nicht etwa daß es nur kein Ausserhalb seiner selbst, negative, sondern daß es durchaus u. energisch gefaßt sein> In[n]er halb seiner selbst sey – u, ausserdem ganz u. gar nichts.“ Der Begriff, u. seine nervi sind scharf ausgedrükt u. er ist zu fassen„: reales, reines Ich. (…)“

Es folgt der Begriff der Existenz, der notwendig aus dem Sein des Absoluten hervorgeht (ebd. S 246), aber sobald die Existenz in der Reflexionsform gefasst ist, ist es nicht mehr die Existenz des Absoluten, folglich kann „Existenz“ als solche nicht bloß theoretisch gefasst werden, sondern beruht auf ihrem existentialen Bezogensein zum Absoluten und ihrer weiteren Objektivierungen aus diesem Bezogensein.  

2. 5.) In der 15. Stunde (ebd. S 248 – 250) wird der enge Zusammenhang zwischen Existenz und deren Abhängigkeit vom Absoluten nochmals  reflektiert. 
Schlussendlich aber bleibt es für den Begriff der „
Repräsentation“  bei der Negation einer begrifflichen Erkennbarkeit Gottes.  Es verweist nur ein ganzheitlicher, theoretisch wie praktischer, sittlicher Wertungsbezug, ein sich selbst veränderndes Wollen-in-actu und natürlich egologisches Wissen  auf ein reales Soll des Absoluten.
Es sind sehr schöne Stellen, wenn FICHTE von der Existenz und vom Licht spricht: Ich möchte ein paar zitieren. Der Begriff des Absoluten bleibt aber jenseits davon.
Ebd. S 248.249 (…) Anders: das Existiren ist nothwendig Existenz, hat seinen geschloßnen Modus; u. dies zwar ist es absolut durch sich selbst: ohne Vermittelung irgend eines andern Gliedes. – Dies ist dies an sich, selbst gebunden durch sich selbst. Existenz, nude et simpliciter ohne als. — . Jenseits tritt nun die Existenz, als solche, in der Relation ihres qualitativen Seyn, mit der Absolutheit, die dadurch selbst ein qualitatives Seyn bekommt, unter das Gesez des als überhaupt, das wir oben bewiesen haben. Diese Form ist nun die der Inversion, also des «o>ben beschrieben[en] reinen, u. realen Ich. Das göttliche Existiren, schlechthin unmittelbar, ohne als, ist zugleich Existenz; u. diese Existenz ist das absolut reale, unsichtbare, über alles Licht hinaus liegende, u. zwar in der Form des Ich: Das als ist die Exposition des innern Wesens durch das Ich, d«e>s in sich wohnen selber; hier erst beginnt das Licht, u. die Sichtbarkeit. —.. 

Oder fassen Sie dies von einer anderen, manchem vielleicht deutlicheren Seite, weil sie weniger unmittelbar ist, was aber hier nichts verschlägt: 1.). Durch das Existiren (welches gar kein anderes als das des absoluten seyn kann) ist das als desselben gesezt; u. dieses ist der Ursprung des Lichts; dieses als sezt voraus das sich fassen, u. da als selbst Ursprung des Lichts ist, ausserhalb allem Licht. Dies sezt nun freilich das stehende Seyn des Existirens voraus, u. damit nicht, wie vorher, nach dem Grunde dieses wieder gefragt werde, setze ich hinzu: dieses Seyn ist durch das schlechthin nothwendige als gleichfals nothwendig (Nachconstruktion, Vorconstruktion) <u zwar vor dem Lichte, u. ausserhalb alles Lichtes, nothwendig. Nun treten Sie in den Mittelpunkt dieses Processes, der von der Nothwendigkeit des als ausgeht: ich frage[:] ist das seyn durch das intelligiren, oder das intelligiren durch das Seyn? Offenbar keins von beiden, sondern das Ich ist das erste, u. dies ist selbst das  erste Produkt des Als, in freier Realisation gefaßt. Die Form des unmittelbaren göttlichen Existirens ist die Existenz, u. diese ist Ich. Das reine praktische Ich. Scharf gefaßt, (ebd. S 249) wie die Worte lauten. — . Es existiret <also nur in der Existenz[.] Sein (mittel bares[)] Existiren“ wird, als Existenz zu einem Faktum.

Es ist entscheidend für das Künftige, daß dieser Satz richtig gefaßt wird‘. Ich bediene mich darum aller Mittel, ihn auseinander [zu] setzen. Gehen Sie jezt also mit mir zu Werke: Unterscheiden Sie im göttlichen Existiren die innere bloße Form das <von>, daß er existire, u. damit gut: von dem Wesen des Existirens”, daß es eben ein Existiren ist, also ein quale, welches es ist nur im Gegensatze mit dem NichtExistiren, dem innern Seyn, und drum in Relation damit. Aus dem erstern folgt nichts,  u. es läßt damit sich nichts machen. Aus dem zweiten folgt das als, als die innere u. absolute Relation selbst, absolute in sich selbst, Intelligiren des absoluten Seyns, absoluten Existirens, im stehenden Verhältnisse beider. . Aus der Beziehung nun jenes Existirens, schlechthin: u. dieses seines Wesens aufeinander folgt das Ich, als rein” reales, schlechthin unerforschliches u, in keinem Lichte eintretendes; die Rükkehr in sich selber zuförderst des Existirens. – es ist ein. Ich dieses Existirens; sodann die Rükkehr des Absoluten selbst, unabhängig von seinem Existiren, in sich selber; es [/] ist ein Ich des absoluten. Dies leztere aber folgt aus dem erst«er»n dadurch, daß durch die erste Rükkehr, dem stehenden terminus a quo zur zweiten, das Existiren selbst ein stehender terminus a quo, also Existenz wird. 

Was ist diesem zufolge das Ich, an u. für sich, in seinem innern Wesen? es ist die Rükkehr des göttlichen Existirens in sich selber, rein u. allein. Vermittelst dieses  seines Seyns, unmittelbar, u. ohne daß noch irgend ein Mittelglied dazwischen ein treten könne, ist es das als Gottes, u. seiner Existenz, ist Intelligiren: also im eigent lichen Sinne d<a>s unmittelbare repraesentans, u. die Repräsentation Gottes. Wiederum ist es nur diese Repräsentation Gottes, keinesweges aber Gott selbst.

Es kann in ihm schlechthin weder das Existiren, noch das Existirende, sondern nur die Repräsentation vorkommen; u. was in ihm vorkommt, ist bloße Repräsentation, eben darum, weil es in ihm vorkommt. Es ist der selbstständige Grund der Repräsen tation [-] So ist es an u. für sich in seinem innern Wesen[,] seine«r> Qualität: u. es ist Qualität, denn es ist selber die Qualität des Existirens‘. Seinem eignen Seyn! nach aber ist es das göttliche Existiren selbst, als quale: u“ es ist in dieser Rüksicht  nicht der selb<stständiges Grund seiner selber, sondern Gott ist sein Grund: u es läßt sich drum nun auch sagen; Gott ist in ihm, vermittelst seines Seyns, dessen absoluter Grund er ist, <mi>ttelbar Grund des Repräsentirens: nicht, wie vorher, das Ich repräsentirt ihn, sondern er selber repräsentirt sich im Ich. In Summa: Gott.“

3) Es ließen sich jetzt noch mehr Passagen der WL 1804/4 bringen, in denen der Begriff der „Repräsentation“ vorkommt, aber nie reduktiv, sondern nur intelligierend kann diese höchste genetische Erkenntnis vollzogen werden.
Anders gesagt: Die einzige „Repräsentation“ Gottes ist a) sein Existieren selbst, sein „Leben“ aufzufinden und zu suchen in einem real-praktischen Leben, in einer universellen wie individuellen Verwirklichung von Anfang, Liebe, Wert – und b)  in einem  unmittelbaren Offenbarungsträger,  in einem durch sich selbst sich legitimierenden und geschichtlich perzipierbaren Guten und Wahren der Tätigkeit eines heiligen Willens. 

Wie kann diese disjunktive Form des Denkens der Repräsentierbarkeit und Erkennbarkeit Gottes, die einerseits in eine theoretische Negationsdialektik mündet, andererseits in eine lebenspraktische, existentielle, sittliche Wertung und Tathandlung, systematisch vereint werden? 

Ich bin mir  hier  nicht sicher, aber eine Verküpfung muss es geben, sonst widerspricht sich die Vernunft selbst, wenn sie positiv Manifestation Gottes behaupten muss, aber doch nicht so positiv, dass sie begrifflich erreicht werden könnte? Ich nenne es eine „sakramentale“ Vermittlung, eine „sakramentale“ Weltsicht in einem conditionalen Ordinationsgefüge von Können und Entscheiden und Tun. 

Die „Repräsentation’“ z. B. in einem Staate oder in einer Kirche legitimiert sich nicht allein durch eine formale, administrierende Relation und Begründung, z. B. durch einen administrativen Akt einer Wahl, oder durch Handauflegung und Weihe, sondern letztlich nur in einer genetischen Erkenntnis sittlicher Wertung, egologischen Wissens und zukunftsorientiertem Handeln – siehe die drei Teile zur „genetischen Erkenntnis“ – Blog.  

Ein Hl. Ignatius mit seinen Briefen „repräsentiert“ nach bestem Wissen und Gewissen erste Formen einer sakramentalen Heils-Ordnung, nach-gebildet einer intelligierenden, genetischen Einsicht in die positive Offenbarung (und implizit in die apriorische Vernunftoffenbarung, denn ohne apriorische Erkennbarkeit der positiven Offenbarung keine Erkenntnis derselben.) 

4) Meine Frage jetzt: Wie könnte ein absoluter, pertinenter Bestimmungsgrund (Geltungsgrund) einer ideellen Heils- und Sinnordnung, die ja wohl für jedes Vernunftwesen gilt, plötzlich  exklusiv nur durch das männliche Geschlecht repräsentiert und realisiert werden? Würde eine Priesterin nicht „in persona Christi“ handeln können, wenn sie sich auf den gleichen Geltungsgrund der positiven Offenbarung bezieht und in der Geltungsform der genetischen Erkenntnis handelt?

Dem Hl. Ignatius oder dem anonymen Autor/der damaligen christlichen Gemeinde ist wegen der männerspezifischen Installation und Hierarchie (nicht Hierokratie) kein Vorwurf zu machen. Er und die kirchliche Gemeinschaft  überlegten wohl sehr gut, wie eine überirdische Sinnidee mit der damaligen Gegenwart und Situation zu vereinbaren wäre. Sie entschieden sich für diese männliche Erscheinungsform in Anbetracht a) der universellen Sinnidee und b) der geforderten Aufgabe für alle von allen zu aller Zeit zu leisten. 

Der Bischof, die Priester, die Diakone, sie  sollten bildhaft, existentiell, nicht sinnlich kausal durch ihr Geschlecht,  nicht durch formalen synodalen Beschluss wie in einem Parlament von heute, eine sakramentale Heils- und Sinnordnung widerspiegeln und repräsentieren – legitimiert durch den absoluten Geltungsgrund und in der Geltungsform der  Vernunfterkenntnis jedes Vernunftwesens, also von Frauen genauso anerkannt. 

Überzeugend in einem werthaften Sinne war in der damaligen Situation wohl die ganze Gemeinde, die aus Frauen und Männern und Kindern und allen sozialen Schichten zusammengesetzte Gemeinschaft – und einzelne besonders sich zeigende individuelle Heilige. Aus der Gemeinschaft zuerst und dann aus charismatisch begabten,  heiligmäßigen Personen wurde ein christlich-religiöse, sakramentale Heils- und Sinnordnung objektiviert und geschaffen, die selbstverständlich die genetische Erkenntnis aller Geschlechter war. Die installierten Ämter sollten eine genetische Erkenntnis re-präsentieren, nicht einen Patriarchalismus. 

5) Die Intention der zu realisierenden Sinnidee von Erlösung (Vergebung) bietet im religiösen Bereich zugleich die Leistung,  weil Intention und Leistung von Gott kommen und in Gott garantiert sind. Das unterscheidet eine kirchliche Repräsentation wohltuend von der säkularen, staatlichen Repräsentation in einer Demokratie – wiewohl natürlich die Vermittlung der göttlichen Botschaft im kirchlichen Bereich genauso an schwache, sündige Menschen gebunden ist und defizitär bleiben muss.  

Anders gesagt: der Geltungsgrund der intendierten Hoffnung und die Erfüllung dieser Geltung sind in Gott genetisch beschlossen. Es kann von einer Rückbezüglichkeit des intentionalen Zweckbegriffes auf die Leistung ausgegangen werden, sprich, von der Erfüllung der Erlösung – und durch Glaube, Hoffnung, Liebe, sprich durch genetische Erkenntnis wird ein Zeitbegriff und eine Dauer und eine räumliche Objektivierung der Erlösung eröffnet.

Die geschenkte, genetisch abgeschlossene Sinn-Idee einer Erlösung muss dem Heiligen/dem anonymen Autor/der christlichen Gemeinde besonders vorgeschwebt sein, weil er/sie immer wieder von geschenkter, vergangener  wie gegenwärtiger und zukünftiger Rettung und Erlösung, von Einheit und Eintracht, spricht.
Ähnlich sieht etwa zeitgleich ein Hl. Irenäus von Lyon die Weltgeschichte beschlossen in einer Kirchen- und Erlösungsgeschichte. Er warnt besonders vor dem mythenhaften, aber geschichtslosen Denken der Gnostiker. (Siehe Blog zum Hl. Irenäus.) 

Die Vernunft vergleicht im notwendigen Bezug auf die transzendentale Sinnidee jede Gefühls- und Werterfahrung in concreto nach einem sinnkritischen Maßstab, vergleicht jede Hemmung und Aufforderung auf ihre Qualität und Gewissheit und auf ihre bestimmte Wahrheit hin.

Kritisch sei jetzt eingefügt: Theoretisch jetzt eine Sinnidee zu entwerfen ist unabsehbar möglich, aber damit ist noch keine praktische Bewährung geliefert. Letztere erst begründet den Begriff „genetische Erkenntnis“. 

Der Autor der IGNATIANEN und die dahinterliegenden Gemeinde haben beileibe  nicht bloß theoretisch-ideologisch gedacht und formuliert – man würde diese Sophistik sofort erkennen – , sondern sinn-praktisch und in concreto. Durch das Werkzeug einer Art männlicher Hierarchie und anderer Sakramente meinten sie, einem religiösen Machtmissbrauch und religiöser Schwärmerei oder jeglicher Ideologisierung einer Weltanschauung vorbeugen zu können.  

Es werden, mir auffallend, die Ämter „Bischof“, „Priester“, „Diakon“, ja überschwenglich gelobt vom Autor/der Autorenschaft, weil sie gerade nicht irdische Legitimation repräsentieren sollen,  sondern eine  übersinnliche Repräsentation.   Die Genese und notwendige Einführung von kirchlichen Ämter  – aus der apriorischen und positiven Offenbarung heraus –  stand für ihn fest, d. h. die Begründung in und aus Vernunft und aus einer lebendigen Erinnerung an Jesus Christus, gebunden an die Schrift und an die Inspiration durch den Heiligen Geist. Das Wie der Konkretion  der apriorischen und positiven Offenbarung auf die damalige Zeit hin, das war die Frage und die Notwendigkeit. Der materiale Gehalt ihrer Repräsentation stand irgendwie außer Zweifel.

Der Begriff der „Repräsentation“ (in bildlichem Sinne)  hilft mir, die übertriebenen, hohen Metaphern vom Bischof als Repräsentant des Vaters im Himmel, von den Priestern als Repräsentanten der Aposteln, von den Diakonen als Repräsentanten Jesu Christi, in den Texten zu verstehen – siehe dort! In platonischer Tradition der Bildlehre stehend, wurden  diese hohen Metaphern wohl gut verstanden, nicht als Überhöhung der kontingenten, sündhaften Natur der Amtsträger.  Eine Hierokratie war wohl nicht beabsichtigt. 

6) Noch eine andere Bemerkung: Es besteht auch in einer „repräsentativen Demokratie“ ein verborgener Transzendenzbezug und eine genetische Erkenntnis, andernfalls wäre sie unbegründet. Die juridisch angestrebte Idee eines Freiheitsrechtes jedes Bürgers („Urrecht“), weiters eines Eigentumsrechtes, eines Schutzrechtes, eines Vereinigungsrechtes, ein Inbegriff eines allgemeinen Rechtswillens, alles irgendwie tief begründete, „genetische“ Erkenntnisse aus dem Rechtsbereich, das  kann vertraglich nur insoweit gesichert werden, als zugleich auch ein transzendenter, beständiger Wille vorausgesetzt wird, der das alles garantiert. Eine Sicherung und Garantie ihrer selbst kann eine säkulare Rechtsordnung  nicht mehr bieten. 
Die „Repräsentanten“ in der Demokratie stehen zwar nicht ausdrücklich für eine positive Gottesoffenbarung, stehen aber für  ein Freiheitsgesetz, das  letztlich
transzendent geschützt und garantiert ist – vorausgesetzt, die weltliche Gesetzgebung stimmt mit dem unwandelbaren göttlichen Freiheitsgesetz jedes Vernunftwesens  zusammen. Ein Diktator ist nicht Repräsentant eines allgemeinen Rechtswillen, weil er das Urrecht des Menschen nicht respektiert, oder ein von einem Despot abhängiger Abgeordneter oder ein religiöser Ayatollah, sie sind keine Repräsentanten eines allgemeinen Rechtswillens. Sie sind ein lebendiger Widerspruch.

Nur vom reflexiven Wissensbegriff her gesehen kann m. E. keine Repräsentation erreicht werden.6

Ein administrativer Wahlakt oder durch Biologie oder durch Systemtheorie vermittelte Begründung, oder selbst eine bischöfliche Handauflegung,  bewirkt noch kein „Repräsentation“, sollte die genetische Erkenntnis und Erkennbarkeit der Sinnidee dahinter fehlen.

Das kirchliche Amt vom männlichen Geschlecht her zu legitimieren und mit historischen Argumenten scheinbar zu belegen, ist kein eigentlicher Traditionsbeweis und keine achtungsvolle Anerkennung der apostolischen Väter in ihrer Entscheidungen nach einem absoluten Geltungsgrund. Ein Hl. Ignatius/ein anonymer Autor/die damalige Gemeinde installierten aus genetischer Erkenntnis heraus eine sakramentale Heils- und Sinnordnung. Ihre Installation war einsichtig und begründet. Sie wollten aber keinen Patriarchalismus installieren.  Die Parameter sinnvoller und kluger Handlungsweisen haben sich geändert, der Inhalt der genetischen Einsicht hoffentlich nicht – sonst lägen wir überhaupt falsch. Eine Objektivierung und Fortführung und Kontinuität der Erlösungsidee zu leisten und zu garantieren, das halte ich für einen konstitutiven Geltungsgrund, die Konkretion dieser Genesis ist aber relativ und fakultativ.  

JESUS CHRISTUS ist konkret als Mann erschienen, wie ich irgendwo las, um in seiner großen Demut, wie die Evangelien erzählen, die alte patriarchale Ordnung aufzuheben.

© Franz Strasser 28. 1. 2022

1In: Gesamtausgabe der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Nachgelassene Schriften 1805-1807, Band 9. (abk.=GA II, 9)
Hrsg. von Reinhard Lauth und Hans Gliwitzky unter Mitwirkung von Josef Beeler, Erich Fuchs, Ives Radrizzani und Peter K. Schneider. Stuttgart-Bad Cannstatt 1993.

2Ich las bei Johannes Ludwig, System Kirche, Basel 2022, S 147 – dort als Zitat aus einer Presseerklärung zum synodalen Weg: „Macht wird missbraucht, wenn sie zwar zum Dienst (ministerium) erklärt wird, den Dienst aber in einer Form geistlicher Herrschaft (sacra potestas) ausübt, die sich verabsolutiert. Sie scheint dann zwar spirituell entmachtet, hat sich aber in Wahrheit selbst ermächtigt, um sich gegen Kritik und Kontrolle zu immunisieren. Sie beansprucht eine göttlich verliehene Vollmacht, übergeht aber, dass zwischen der Macht Gottes und ihrer menschlichen Bezeugung deutlich zu unterscheiden ist. Wenn die sakralisierte Macht aus dem Kontext der ganzen Kirche gelöst wird, tritt sie mit dem Anspruch einer reinen Macht auf. Auf diese Weise wird die Macht der Kirche idealisiert, aber auch ideologisierbar. Sie droht sich zu verselbständigen, wenn sich in der Repräsentation Christi als Haupt der Kirche (repraesentatio Christi capitis) Funktion und Person wechselseitig sakralisieren.“ Dies trifft natürlich auf die kurz-geschlossene Begründung zu, die gerne vom „dogmatischen Weg“ vorgebracht wird: Der Priester repräsentiere in der Eucharistie die Person Jesu Christi, handle „in persona Christi“ – und da Christus ein Mann war, könne nur ein Mann Christus repräsentieren.  Es wäre die Debatte der Bischöfe in LG 10 um die differenzierte Unterscheidung zwischen „gemeinsame Priestertum“ und hierarchisches Priestertum sehr lohnenswert zu verfolgen, warum es überhaupt zu dieser platonisch angehauchten Terminologie der „repräsentatio“ und zum Begriff „in persona Christi“ gekommen ist. Die Gefahren eines Machtmissbrauchs sind aber  ipso facto in dieser Folgerung „in persona Christi“ vorprogrammiert. Siehe z. B. die Diskussion bei J. Ludwig, System Kirche, Basel 2022, S 98ff.

3Eine Theorie des Absoluten finden sich in späteren WLn Fichtes häufig, siehe z. B. WL-1812: Dort wird differenziert zwischen der Erscheinung des Absoluten als Urbild und Urerscheinung, weiters wird reflexiv abgeleitet die Erscheinung in Schema 2 und Schema 3 bis Schema 5. Da die transzendentalphilosophische Begründungsform eine ausdrückliche Bildtheorie ist, muss prinzipientheoretisch das Verhältnis des Ich-Begriffes zum Absoluten mitlaufend stets gesetzt sein. Siehe dazu z. B. zwei neuere Bände der Fichte-Studien Bd. 47 und Bd. 48: Fichtes Bildtheorie im Kontext. Systematische Funktionen des Bildbegriffes. Hg. v. Christian Klotz und Matteo Vincenzo d’Alfonso. (Fichte-Tagung 2015 in Madrid), Amsterdam-New York, Bd. 47 2019, Bd. 48 2020.

4Fichte spricht z. B. in der WL 1804/2 das Verhältnis zum Absoluten so an: „(…) Daß das Absolute nicht außer dem Absoluten gesucht werden müsse, und insbesondere, daß wir das Absolute wohl nie erfassen werden, wenn wir es nicht einmal leben und treiben, ist von Zeit zu Zeit zur Genüge erinnert und deutlich gemacht worden“ (27. Vortrag, ebd. S 404, Z 11f)

5Siehe dazu die sehr prägnanten Schilderungen zum ganzen Status einer WL bei J. Widmann, Die Grundstruktur des transzendentalen Wissens, Hamburg 1977, Abschnitt „Die Wahrheit der Vernunft“, S. 292- 298.

6 In einem bedauernswerten Zustand finde ich hier, bei zugegeben spärlicher Lektüre meinerseits, die Analytische Philosophie. Sie kämpft nach verschiedenen Richtungen, um die epistemologische Einheit von Wort und Bedeutung begründen zu können – und muss notwendig auf den Repräsentationsbegriff rekurrieren. Die a) transzendentalen Voraussetzung einer übernatürlicher Wissbarkeit will sie nicht zugeben, noch b) aus der genetischen Erkenntnis dieser Wissbarkeit zu einer epistemisch begründeten Bedeutungstheorie übergehen.  Siehe hier Literatur und Aufsätze über den Analytischen Selbstrepräsentationalismus z .B.  bei Stefan Lang, z. B. Phänomenales Bewusstsein und Selbstbewusstsein. Idealistische und selbstrepräsentationalistische Interpretationen. Paradeigmata. Felix Meiner. Hamburg 2020.

Autor: Franz Strasser

Dr. Franz Strasser