Was ist Religion?

Ich will hier nichts Historisches oder Psychologisches zum Begriff der „Religion“ bringen, ebenso  nichts zum Gottesbegriff selbst, inwiefern ĂĽberhaupt eine positive Rede möglich ist, oder man nicht vielmehr bei einer negativen Theologie bleiben mĂĽsste, d. h. es kann nur in ausschlieĂźender Rede von Gott gesagt werden, was er nicht ist. Ich  bekam aber einen prägnanten, kurzen Artikel zugesandt, der in der  typischen Weise der Diktion des Verfassers vieles begrĂĽndet und erklärt: A. MUES analysiert, a)   wie es zur Vorstellung einer Religion kommt, b) inwiefern die  Vorstellung „Religion“ bei FICHTE nicht richtig  ist, wobei umgekehrt FICHTE sich sonst sehr scharfsinnig zum Absoluten geäuĂźert hat, und c) warum es notwendig  zu einer Offenbarungsreligion kommen muss, die ihrerseits den Begriff einer allgemeinen Religion  positiv einschränkt und begrĂĽndet.
Anders gesagt: Ich will sozusagen mit apriorischem Vorwissen von Gott an die Sache herangehen.  
Bei heutigem Durcheinander von fundamentalistischer Anschauung bis säkularer Ablehnung der Religion (oder Indifferenz) verlangt es eine transzendental-kritische  BegrĂĽndung dieses weltweiten Phänomens „Religion“ – und eine Kritik derselben durch einen Begriff einer positiven Offenbarung. (Fichte-Zitate sind wieder rot hervorgehoben.)

1) Alles, was ist, ist Erscheinung des Absoluten. Die Frage ist nur, wie das zu denken und zu begrĂĽnden und zu rechtfertigen sei, ohne in einen Pantheismus zu verfallen: Das Thema Erscheinung oder Hypothese einer Sich-Erscheinung des Absoluten  ist implizit von allem Anfang an in den Schriften Fichtes enthalten. Bereits seit den EIGNEN MEDITATIONEN [1793] kommen Prinzipien der Gotteslehre in das Denken hinein, die freilich als solche noch nicht gekennzeichnet und entfaltet sind. Transzendental-methodisch muss sogar eindeutig, z. B.  beim Begriff des  „absoluten Ichs“  in der „GRUNDLAGE“ von 1794/95, von der Gottesidee ausgegangen werden, bzw. ist im Begriff des „durch sich selbst bestimmten reinen Willens“ § 12 der WLnm von 1796/97 der Gottesbegriff enthalten.  Fichte war aber noch befangen im Vernunftbegriff Kants; die unabhängige Tätigkeit Gottes schien ihm nicht fassbar.1

2) Da die transzendentalphilosophische Begründungs- und Denkform eine ausdrückliche Bildtheorie ist, muss prinzipientheoretisch das Verhältnis des Ich-Begriffes zum Absoluten mitlaufend immer gesetzt sein, d. h. das einzelne Vernunftwesen ist „Bild Gottes“, und das ausgegliedert gesehen in und aus einer Universalität aller Vernunftwesen, begründet in und aus dem Ich absolutum.2

Was Erkenntnis heiĂźt, wie es zu sinnlicher Erkenntnis kommen kann – dazu reicht mir hier nicht die Zeit. Nur soviel: Die BegrĂĽndung von Erkenntnis liegt letztlich in einer Reflexionsidee der Idee der Freiheit und interpersonaler Aufforderung. (Siehe dazu  Blogs zur Interpersonalität.)

Die Begründung und Rechtfertigung der Erkenntnis durch eine interpersonale Reflexionsidee bringt z. B. eine schöne Stelle in der WL 1802/02 zum Ausdruck.  Im Zusammenhang vom „Weltenplan“ und „geistigen Schöpfertum“ des „Zweiten Teils“ § 8 heißt es  dort:   
„Die allgemeine Wahrnehmung hat zu ihrem Grundstoffe | durchaus nichts Anderes, als das Verhältniss des wahrnehmenden Individuum zu andern Individuen in einer rein intelligibeln Welt; denn nur inwiefern sie dies hat, ist sie, und ist ĂĽberhaupt ein Wissen. Ohne dies zu haben, käme sie ĂĽberall nirgends zu sich selbst, sondern zerflösse in das unendliche Leere, wenn es dann ĂĽberhaupt einen Menschenverstand hätte, sie dann auch nur insofern zu setzen, um sie zerfliessen zu lassen.“ (SW II, S 150) trägt.3

Die transzendentalphilosophische Erkenntnistheorie  in und aus einer Interpersonaltheorie  fĂĽhrt uns unweigerlich zu einem Sollensprinzip.  Das  Sollensprinzip kann als „Geltungsform“ einer Ich-Reflexion oder Wissens-Reflexion begriffen werden, getragen und ermöglicht durch einen absoluten Geltungsgrund, der sich in egologischer Form der Reflexion und  des Anfangs, der Liebe und des Wertes, zu Bedingungen der Freiheit, realisieren will. Der absolute Geltungsgrund/das absolutum/das Absolute/Gott tritt so in seiner äuĂźeren Form – nicht seiner inneren Konstitution nach – als quantitiert und in Interpersonaliltätsform (und in weiteren Bestimmungen von Natur, Rechtslehre, Moralität – und als Religion) hervor.
Andes gesagt: Der Grundbezug des Sich-Bildens zum absoluten Geltungsgrund tritt als personales Ich und personales Du in einem gemeinsamen Wir-Bezug und in einem vierfachen Bereich hervor. 4

In der WL 1801/02  kommt die Selbst-Quantitierung des Ich absolutum/des Absoluten/Gott deutlich zur Sprache. Die Reflexion des Wissens schwebt zwischen absolutum und seiner Erscheinung – ohne das Pantheismus eintritt, da ja stets eine Selbstbewusstseinskonstitution geschieht, die per se nur endlich ist. 

Das Individuum kann sich durch Aufforderung und Antwort aus der Wir-Form der sittlichen Gemeinde ausgrenzen und sich selbst bestimmen – gerade dank des RĂĽckbezugs auf einen absoluten Geltungsgrund und auf absolute Einheit.  Das Sehen oder Sich-Wissen rekurriert auf absolute Einheit,  bringt aber gerade dadurch den Begriff des Ganzen und sich selbst als Teil davon hervor. Der absolute  Geltungsgrund bleibt der Geltungsform des Sich-Bildens – in der Ordination einer Ich-Du-Wir-Einheit und in der Ganzheit eines fĂĽnffachen Bereiches – stets vorgeordnet, zeitigt und versinnlicht und inkarniert sich aber in den Reflexionsbereichen von Natur, Recht, Moralität und Religion. 

Es gibt eine schöne Stelle in der WL 1804/2, die den absoluten Geltungsgrund einmal so beschreibt –  als  „Grund der Wahrheit“. Das klingt freilich noch reichlich allgemein, letztlich muss aber selbst der Begriff der Wahrheit als konkrete Vernunft und als konkrete, interpersonale Perzipierbarkeit eines heiligen Willens annehmbar sein. 
[…] der Grund der Wahrheit als Wahrheit, liegt doch wohl nicht in dem BewuĂźtseyn sondern durchaus in der Wahrheit selber; von der Wahrheit muĂźt Du also immer das BewuĂźtseyn abziehen, als derselben durchaus nicht[s] verschlagend. Es bleibt dieses nur die äuĂźere Erscheinung der Wahrheit, aus der Du wohl nicht herauskommen magst, und worĂĽber Dir auch der Grund angegeben werden soll[. W]enn Du aber glaubtest in diesem BewuĂźtseyn liege der Grund, daĂź Wahrheit Wahrheit sei, so verfielest Du in den Schein, und allenthalben, wo etwas darum wahr seyn soll, weil Du Dir dessen bewuĂźt bist, bist Du in der Wurzel eitel Schein und Irrthum.“ WL-1804/2, GA II/8, 205f.

3) Die im apriorischen Denken erfasste intelligible Einheit spaltet sich ins individuierte Interpersonalverhältnis – und ermöglicht von dorther eine vernĂĽnftige Durchdringung der Wirklichkeit im Ganzen nach Prinzipien der Erkenntnis (der Erkenntnis). 
Einerseits besteht besteht Fichte immer wieder auf eine reflexive Unerreichbarkeit des Absoluten und auf der absoluten Differenz zwischen Bild/Begriff (als Bild des Bildes vom Sein) und dem Absoluten, andererseits ist der Geltungsgrund des Absoluten fĂĽr die Geltungsform „Ich/Ichheit“ eine nicht zu leugnende, reine Vernunftidee (ähnlich bei Kant) und unumgänglich notwendig. „ „Keine ErkenntniĂź auĂźer durch ein Gesez: Die wahre Erscheinung Gottes; Warum reine Begriffe, die nur sind, inwiefern sie gedacht werden: Das absolute erscheint ĂĽberhaupt nicht in einem Bilde, das ein Seyn sezt Reine Erhebung ĂĽber die Natur. ist unmöglich. Nur das sinnl[iche). Leben hält aus. – Ich denke die Worte klar, u. vernehmlich.“ Diarium I, GA II, 15, S 254, Anm.Z 27f

Die notwendig zu denkende höchste Reflexionsidee des Absoluten/Gott  verlangt, darauf will ich hinaus, in ihrer letzten Konsequenz aber ebenso eine konkrete, aktuale Reflexionsidee, die sich auf eine pertinente Sinnidee zu beziehen vermag, weil die IST-Wirklichkeit der Welt und die Soll-Wirklichkeit eines göttlichen Geltungsanspruches sich nicht decken.  Siehe dann unten.

a) Das Verhältnis zum Absoluten ist durch die reflexive Evidenz des Sich-Wissens als kritische Grenze festgelegt.  Es kann weder ein realistisch, dogmatisches Wissen von Gott aufgestellt, noch ein bloß idealistisches Gedachtsein von Gott behauptet werden. Beides wären Verabsolutierungen.5

b) Wenn alle Erkenntnis und Wahrnehmung zuerst interpersonal konstituiert ist, so muss die Begründungs- und Rechtfertigungsform des Sich-Wissens aus dem Absoluten ebenfalls interpersonale Formen annehmen. 

Die Formulierung der Grenze der Evidenz ergibt sich jedesmal reflexiv-vernĂĽnftig und  erreicht das   Absolute nur in der Form einer Daseinsanalyse des eigenen Selbstbewusstseins oder Sich- Wissen.  (Siehe z. B.  Blog zum Thema „Repräsentation“ in der WL 1804/4 11. u. 12. Stunde – Link – oder siehe Blogs zur transzendentalen Daseinsanalyse.) 

c) Wenn es eine reflexive Grenze zum Absoluten von Seiten des Wissens gibt, umgekehrt aber alles Wissen nur Erscheinung des Absoluten sein kann, so muss der Geltungsform der Reflexivität des Ichs der absolute Geltungsgrund stets als apriorischer MaĂźstab vorausliegen. Die Geltungsform des Sich-Wissens kann gut als „Sehen“ beschrieben werden, als Sehen, das aber notwendig ist, weil genetisch begrĂĽndet im Ich absolutum. Die WL 1804/2 bringt das auf eine geniale Formel: „1) Nämlich, ich sage: Sehen, als Sehen gesetzt, folgt, dass wirklich gesehen werde, oder das Sehen sieht nothwendig.“ (27. Vortrag, 1. Abschnitt, ebd. 397, Z 21, Hervorhebung von mir.)

Das  „nothwendige Sehen“ erfasst sowohl das innere, reale Vernunftgesetz, als auch das freie, reflexive Sich-Wissen und Sich-Bilden. Es ist real gebunden durch das „decretierende Licht“, und zugleich frei konstruierendes, reflektierendes Sehen.  Im Denken des Sehens ist das Absolute wirklich und existentiell immer schon vorausgesetzt. Fichte spricht es explizit an: „(…) DaĂź das Absolute nicht auĂźer dem Absoluten gesucht werden mĂĽsse, und insbesondere, daĂź wir das Absolute wohl nie erfassen werden, wenn wir es nicht einmal leben und treiben, ist von Zeit zu Zeit zur GenĂĽge erinnert und deutlich gemacht worden“ (WL 1804-II, 27. Vortrag, ebd. S 404, Z 11f) Es ist eine neue Sicht des sogenannten ontologischen Gottesbeweises.

Daraus ergibt sich eine spezifisch fichtesche Einteilung und Besonderheit: Je nachdem, wie auf der Erscheinungsebene der wirkliche Seh-Akt gesehen und reflektiert wird, ergeben sich folgende Alternativen: a) Sieht man bloß auf das actuale Sehen für sich, ergibt sich für und in der Reflexivität des Ichs eine unendliche Dreifachheit des Sehens, d. h. ein Ich- und Du- und Wir-Sehen des Ganzen,6 oder b) es werden die genetischen Punkte von Grund (als Anfang) und Folge (als bestimmtes Ende) gesehen, im bleibenden Nexus, und jeweils hinzugezählt, so ergibt sich eine Fünffachheit des Sich-Bestimmens des Wissens: Natur, Recht, Moralität, Religion und die Geltungsform des Wissens selbst.  

4) Der Begriff Religion ist offensichtlich eine notwendige Bestimmbarkeit und Projektion einer vorgegebenen Vernunft-Idee mit spezifischer Bedeutung. (Seit es Vernunftwesen gibt, gibt es deshalb Religion.)
Wie kann diese Projektion und unendliche Bestimmbarkeit der Idee „Religion“  weiter charakterisiert werden?
Ich kann hier nur ein paar Bemerkungen zur allgemeinen Idee von Religion bringen:
In den „Anweisungen zum seligen Leben“ von 18067 beschreibt Fichte die Religion als vierten „Standpunkt“ des Wissens:

„Die vierte Ansicht der Welt ist die, aus dem Standpunkte der Religion; welche, falls sie hervorgehet aus der dritten so eben beschriebenen Ansicht, und mit ihr vereinigt ist, beschrieben werden mĂĽĂźte, als die klare ErkenntniĂź, daĂź jenes Heilige, Gute und Schöne, keinesweges unsre Ausgeburt, oder die Ausgeburt eines an sich nichtigen Geistes, Lichtes, Denkens, – sondern, daĂź es die Erscheinung des innern Wesens Gottes, in Uns, als dem Lichte, unmittelbar sey […].” (Die Anweisung …, Akad.-Ausg. I,9, S. 110,11; SW V, S. 470)

Zu dieser Stelle von AsL las ich allerdings jetzt eine m. E. zutreffende Bemerkung und Kritik von A. Mues: „Aber dieser (sc. Fichtes Standpunkt der Religion), garantiert nur die „klare Erkenntniß” in das praktische Leben des dritten Standes, in seiner moralischen Praxis ist er ununterschieden vom dritten Stand. Religion ist Fichte vollkommene Evidenz in die Moralität und in diesem Sinne Liebe zur Moralität, darin erschöpft sie sich. Das ist ja auch stringent. Und deswegen kann Fichtes neuer Standpunkt der Religion nur einer der Erkenntnis, nicht aber einer des Praktischen sein. Aber eine tiefere Versenkung in den eigenen, den moralischen Stand berechtigt nicht zu einer neuen Weltsicht. Sie wäre auch vom sittlich Heiligen zu erwarten. Und damit hat Fichte den Sinn von Religion verkannt. Denn ihr geht es viel mehr um Schuldabwendung, das ist ihre dringlichste Intention.“ 8

Der Begriff der Religion entspringt zwar einem transzendental-methodisch Verfahren und ist denknotwendig und apodiktisch nach Gesetzen der Reflexion abgeleitet,  als projizierte Form des notwendigen Sehens – „(Erkenntnis), dass jenes Heilige, Gute und Schöne, keinesweges unsre Ausgeburt (ist)“ -,  aber offensichtlich ist damit noch nichts gesagt, wie diese ontologische Basis eines wahren Seins von Gott perzipiert und gedacht werden kann, außer vielleicht in moralischen und asketischen Bemühungen, wie sie hier in der AsL anklingen. 

Soll Religion wirklich in diese Richtung einer Moralität weiterbestimmt werden? Die Kritik A. Mues ist wohl berechtigt!
Was sich an Moralität und Erwartungen, Wunschvorstellungen und Ă„ngsten alles in in diesem notwendigen Seh-Akt eines absolutum/Absoluten/Gott schlieĂźlich verbergen kann – das erlaubt viele Schwärmereien und Phantasien!?
Also hat die Religionskritik des 19. Jhd. doch recht, Religion als bloße, abstrakte  Projektion des Selbstbewusstseins (Feuerbach), als Projektion und Vertröstung gesellschaftlicher Verhältnisse (Marx), als Projektion psychischer Vorgänge und Neurosen (Freud), zu sehen?

Die Religions-Projektion wird vom moralischen Standpunkt aus von A. Mues jetzt so beschrieben: 
„
Die Moralität, das Sittengesetz, grĂĽndet in sich selbst. Ihm folgend tritt zugleich auch die Einsicht ein, dass nur so zu handeln gerechtfertigt ist. Ein solches Handeln ist begleitet von der zustimmenden Einwilligung, dass nur es selbst der Wert ist. Dennoch wird dieses Wert allgemein nach auĂźen gesetzt, transzendiert und stiftet dadurch Religionen. Er heiĂźt dann gewöhnlich „Gott”. Wird allerdings Gott als objektive Person, als Substanz, als  ein uns Ă„uĂźeres gedacht (und hier nennt Fichte als konsequentestes System das Spinozas), schwindet er zu einem nur entfernt ihn meinen könnenden Abbild. Hier finden sich dann berechtigterweise Fichtes kritische Ă„uĂźerungen an unserer ĂĽberkommenen Gottesvorstellung: Gott als Ursache der Welt, als Schöpfer der Natur, Gott dann als rechtlicher und schlieĂźlich als moralischer Gesetzgeber (…) wir als geschaffene Naturwesen, dann als Rechtsempfänger und schlieĂźlich stehend unter seinem Moralgesetz – (so kann) letztlich ein Gottesbild zutreffend nicht gelingen. Der Theismus ist diejenige philosophische und weltanschauliche Position, die in den Begriffen des Realismus vom reinen Willen und vom Absoluten reden will.9 Trotz der vielen Jahrhunderte – es kann so nicht glĂĽcken. Gott wird ĂĽber den Verstand, ĂĽber die Theorie zur transzendenten Gestalt“ (Hervorhebungen von mir)

5)  Es ist ja ein trauriges Kapitel, dass Kant und Fichte infolge reformatorischer Einschränkungen die ganze FĂĽlle religiösen Denkens in Richtung einer positiven und sakramentalen Offenbarung nicht mehr kennengelernt haben! Aber da und dort finden sich selbst in der reinen Reflexions-Philosophie Ăśbergänge zu einer anderen Sicht von Religion – und findet sich, besonders auch bei Fichte, der Begriff einer positiven Offenbarungs-Religion in den späteren Schriften ab 1808.  Abgesehen jetzt von seiner ersten brillianten Schrift „Offenbarungscritik“ v. 1792/93, in der er zwar begriffsscharf formulierte, aber doch nur bis zur Denkbarkeit eines apriorischen Offenbarungsbegriffes kam,  hat er in den letzten Vorträgen und Schriften den Begriff einer positiven Offenbarung nimmer mehr aufgewertet.  Siehe dazu viele Stellen – oder z.B. deutlich die Auseinandersetzungen mit Jacobi in der „Transzendentalen Logik“ I, fhs 4, 1, S 60-63.10

Ich gehe hier zurück auf Darstellungen von R. Lauth, die einen über die Moralität hinausgehenden Religionsbegriff anvisieren: 
R. Lauth zitiert aus
„FĂĽnf Vorlesungen ĂĽber die Bestimmung des Gelehrten“ (1811) und  „Sittenlehre 1812“.

Der Begriff der „Religion“ offenbart sich als „Freiheit Aller“, als eine apriorische Vernunftoffenbarung von einem besonderem Wert, der konstitutiv allem weiteren Erkennen vorausliegt.  

„Die Erscheinung ist Erscheinung des Absoluten, denn sie ist Geist und Freiheit, und nicht Natur und Notwendigkeit. „Gott bedient sich der Freiheit.“ (FĂĽnf Vorlesungen, 1811, NW III, 194.)

„Insbesondere beginnt die göttliche Schöpfung der Welt damit, daĂź sie erst diese Freiheit Aller […] zur Wirklichkeit erhebt, indem dieses die Bedingung ist alles weitern Erschaffens.“ „Die gesammte Geisterwelt […] liegt, als frei, zwischen einem doppelten Sein; zuvörderst demjenigen, welches in ihr unmittelbar wirkt: Gott; sodann demjenigen, welches sie selbst hervorbringen soll als das Nachbild jenes ersten Seins.“ (ebd.)

„Die Erscheinung (und in ihr alle Individuen) ist aufgerufen, und dadurch frei; ihr ist aufgegeben diese ihre Freiheit; sie ist aufgefordert, das sittlich Gesollte zu realisieren, d.i. zu vollkommener Liebe. Vollkommen wird die Liebe aber erst, wenn das Du absolut liebend ist und dadurch dem Ich ermöglicht, absolut zu lieben. D.h. die vollkommene Liebe ist die Liebe Gottes.“ 11

„Das Ich ist Leben des absoluten [sittlichen In-]Begriffes, das wahrhafte Ich muĂź darum durchaus nur als solches erscheinen, und als nichts Anderes; als der objektivirte, in einem Dasein dargestellte Begriff, wie es die Bibel ausdrĂĽckt: das Wort wird Fleisch.“ (Das System der Sittenlehre, 1812, NW III, 36. )

6) Durch diese Generierung und Schematisierung des absoluten Sollens in die Zeit hinein, d. h . durch seine Versinnlichung und Vergeschichtlichung, gewinnt die Religion eine  eigenständige, apriorisch maßgebliche  und systemkritische Bedeutung gegenüber einseitigen Modellen einer bloßen Naturerkenntnis oder Rechtslehre und Morallehre: Sie wird Erkenntnis a priori einer Sinnidee, die von sich her das Vollkommene regelt und ist.12

Anders gesagt, mit RĂĽckgriff auf die „FĂĽnf Vorlesungen zur Bestimmung des Gelehrten“ von 1811 13gesagt: Im Erkennen von „Gesichten“ und Vernunftideen des apriorischen Gehaltes der Sollensidee werden neue Gehalte der Freiheit gefunden. Der Gottesbegriff, a priori als Vernunftidee wissbar, wird durch neue „Gesichte“ apriorisch weitergebildet und weiterbestimmt  – und bleibt indirekt ein ständiges Korrektiv zur Einseitigkeit der anderen Standpunkte.  Die Bestimmbarkeit der Religion ist kritische,  synthetische Erkenntnis, schwebend zwischen  Moralität und Sinnlichkeit und Rechtslehre.
Durch bloĂźe „Trägheit“ – immer die HauptsĂĽnde bei Fichte – werden freilich keine neuen Gottesbegriffe, d. h. Bestimmungen Gottes,  geschaut und ergibt sich kein Korrektiv zur Naturlehre und Rechtslehre und Morallehre.

7) Wir haben aber damit nicht nur einen theoretischen Teil der Religion erreicht,  die formale Projektion des Gottespostulates aus dem Sittengesetz heraus, sondern ebenso eine zeitliche und geschichtliche und praktische Realisierungsforderung im Suchen und Erschauen neuer Ideen:  Religion soll  zum höchsten Ideal der Vollkommenheit führen, d. h. evidente Sinnerkenntnis in Zeit und Geschichte bieten.

Das führt aber jetzt notwendig! zum  Begriff einer positiven Offenbarungs, die die Forderungen der apriorischen Sinnidee erfüllt. 

Eine positive Offenbarung enthält in sich a)  die apriorische Vernunftoffenbarung, d. h. die  Projektion der reinen Vernunftidee von Gott, aber ebenso b) die wirkliche und bestimmte Antwort auf die bestimmte Erfahrung von Schuld und SĂĽnde, mithin  Satisfaktion und Restitution des Guten. Die Perzeption dieses heiligen Willens, der Vergebung und Versöhnung bringt, in unmittelbare, personaler, leibhafter Weise, das verlangt jetzt nochmals spezifische Reflexionsideen von Geschichte und Medialität – aber davon später. 

8) Nicht, dass Gott selbst sich notwendig offenbaren mĂĽsste wegen der gefallenen Schöpfung,  dass sozusagen die positiven Offenbarung aus einem subjektiven BedĂĽrfnis abgeleitet wĂĽrde, wie z .B. in „Cur deus homo“ von Anselm beschrieben. Gott hätte sich – als Gedankenspiel –  auch geoffenbart ohne SĂĽndenfall, weil es im Begriff der Erscheinung Gottes  selbst liegt, aber ohne evident wahrnehmbare Sinnidee eines reinen, heiligen Willens in der sinnlichen Wirklichkeit und Zeit und Geschichte, qualitativ und in concreto, in individuo und in persona, angesichts von Schuld und erfahrenem Bösen, wĂĽrde
a) der apriorische Gottesbegriff selbst immer  prekär bleiben, denn wie geht das Heilige  und das Böse nebeneinander her?
ferner
b) entfremdet sich die geistige Natur des Menschen zunehmend selbst von den Bedingungen ihrer eigenen praktischen Freiheit. Das Vernunftwesen kann nicht wissen, was es will, wenn es nicht weiĂź, ob das Wollen Sinn hat. Es muss im Wollen zugleich wissen, was es will, damit es wollen kann. Die notwendigen Vernunftprojektion der Gottesidee bleiben unklar, ungewiss bis widersprĂĽchlich, weil ĂĽber das Wesen Gottes definitiv doch nichts Konkretes gesagt werden kann – bei allem Optimismus, dass Gelehrte immer wieder neue „Gesichter“ in der Vernunftidee Gottes erkennen mögen.  Allein durch theoretisches  Denken einer apriorischen Vernunftoffenbarung im Seh-Akt eines theoretischen Erkennens und in der Projektion des Sittengesetzes auf das Absolute hin, vielleicht noch mit Moralität und Askese geziert, ist ein Abgrund des Nicht-Wissens und eine Verleugnung der angeborenen, apriorischen Sinnidee. Das ist nach A. Mues „systematisch nicht erlaubt.“  14

9) Die positive Offenbarung, wie sie der christliche Glaube verkündet, ist nicht nur theoretische Gotteserkenntnis, sondern wesentlich sittlich-praktische und geschichtliche Antwort auf die Frage einer bestimmten Erfahrung von Sinnwidrigkeit und Erfahrung des Bösen. 

Sie ist Perzipierbarkeit des reinen heiligen Willens in konkreter und praktischer und personaler und leibhafter und geschichtlicher Weise.
Entgegen mancher Denker die Aufklärungszeit gesagt: Erst die positive  Offenbarung begrĂĽndet und rechtfertigt das projizierende, religiöse Denken der einzelnen Religionen und ihrer Kulte –  nicht umgekehrt.
(Bei Reimarus und Lessing verlief ja die Diskussion dahingehend, dass die zufälligen Geschichtswahrheiten nicht notwendige Vernunftwahrheiten sein  können. Die Offenbarungsreligion sei Teilbereich des allgemeinen Denkens von Religion. Transzendental gesehen ist es gerade umgekehrt: Die  positive Offenbarung begründet inhaltlich die apriorische, allgemeine Vernunftoffenbarung als sinnvoll und wirklich.) 

Der Begriff der „Religion“ ist somit  transzendental notwendig schon in der Vernunft angelegt (als Sehakt der Vernunft) und reflexiv begründet als eine notwendige Reflexionsidee, damit Soll und Ist der Welt in einem kritischen Verhältnis versöhnt werden können.
Anders gesagt: Der Seh-Akt des existentiellen Wollens (der Liebe, des Leidens) und Handelns  verlangt diesen Seh-Akt, der notwendig die Anschauungsbedingungen des „höchsten Gutes“ (das Gutsein, „der Gute“) und die Universalität und Totalität des Sittengesetzes realisiert fordert und erhofft.

10) Da wir aber zeitlich und räumlich und sinnlich und interpersonal gebundene Vernunftwesen sind, verlangt der Begriff der Religion,  dass das  Soll des Sittengesetzes ebenso aktual und interpersonal und geschichtlich erfahren wird.

a) Aus der überzeitlichen Gegenwart tritt das Absolute in zeitlicher und individueller Realisierung und in möglichen, apriorischen  „Gesichten“ und Bildern heraus, und bleibt doch (formal) vollendet und geschlossen in diesem Heraustreten.
b) Zugleich bleibt hier ein kritischer
Vorbehalt bestehen, denn für die aktuale und zeitlich gebundene Willens-Reflexion bedarf es der konkreten Perzipierbarkeit des heiligen Willens  in einer Form von Satisfaktion und Sühne und Vergebung. 
c) Ein solches Faktum positiver Offenbarung kann philosophisch nicht deduziert werden, es liegt aber im Begriff eines Heraustretens des Absoluten in die Erscheinung, dass irgendwann und irgendwo, in der Vergangheit, Gegenwart oder Zukunft, diese apriorische Vernunftoffenbarung interpersonal, leibhaft, unmittelbar, geschichtlich Gestalt annehmen muss  – und gefunden werden kann.
d) Das Wie des Findens geschieht bloĂź faktisch und historisch, aber ebenso ĂĽberzeitlich im Dasein jedes Vernunftwesens als WORT schlechthin. (Siehe Blog zur Daseinsanalyse – 3. Teil)

11)  Wie verhält sich jetzt genauer Transzendenz und Immanenz im Licht einer positiven Offenbarung – und Wie geschieht die Vermittlung? Siehe dann spätere Blogs

Ich schließe ab mit der kurzen Begrifflichkeit von A. Mues: Religion verschafft sich a) notwendig Projektion und Kult, aber muss b) vorläufig bleiben, kann sie nicht zugleich auf eine positive Offenbarung rekurrieren. 

„Das bleibt die Schwäche jedes Kultes, der sich auf eine Transzendenz berufen muss. Seinem gĂĽltigen Anspruch, den allgemeinen und dauernden „Druck” des Sittlichen einen berechtigten Ausdruck zu geben, steht erstens entgegen sein eigenes, ihm inneres, unermĂĽdliches Sichberufen auf eine prinzipiell unerreichbare Transzendenz und zweitens das ihm äuĂźere, aufklärende Argument, er sei letztlich nicht nötig, wird endlich und allein die Kraft des – unsichtbaren und frei machenden – Sittengesetzes anerkannt. (….) Obwohl der Kult sich seines eigenen, inneren Arguments wegen nicht dem äuĂźeren taub stellen kann und darf, er kann, darf und soll sich dennoch berechtigt sehen, auf ein absolut Gebietendes angewiesen zu sein und ihm gottesdienstlichen Ausdruck zu geben, zumal wenn ihn jenes äuĂźere Argument nicht erreicht. Er bleibt sich selbst darin allerdings stets Ausdruck seiner Vorläufigkeit, und so stellt er sich ja auch dar. Erst dort, wo dieses Angewiesensein nicht ausschlieĂźlich im Angesicht einer Transzendenz Ausdruck verliehen wird, bekommt der Kult ein neues Gesicht. – Wem es entgegenkommt, der mag daher auch der Religion erst hier, im Christlichen, ihren systematisch gĂĽltigen Stand zuerkennen.“

© Franz Strasser, 26. 6. 2024

1Siehe z. B. WLnm: „Die Gottheit ist auch solche reine Thätigkeit wie die Intelligenz, nur ist die Gottheit [/] etwas nicht aufzufassendes, die Intelligenz aber ist bestimmt, […]“ [GA, IV, 2, 240]

2Zur Bildtheorie – siehe dazu z. B. die zwei neueren Bände der Fichte-Studien Bd. 47 und Bd. 48: Fichtes Bildtheorie im Kontext. Systematische Funktionen des Bildbegriffes. Hg. v. Christian Klotz und Matteo Vincenzo d’Alfonso. (Fichte-Tagung 2015 in Madrid), Amsterdam-New York, Bd. 47 2019, Bd. 48 2020.

3Generell zu Interpersonalität siehe z. b. bei Reinhard Lauth, Das Problem der Interpersonalität. In: Transzendentale Entwicklungslinien von Descartes bis zu Marx und Dostojewski, Meiner Verlag, Hamburg 1989, S. 180- 195.

4Zum Begriff der „Geltungsform“ und des „Geltungsgrundes“ als Herausstellung der Beziehung Wissens/Absolutes – siehe Michael Gerten, Transzendentalphilosophie als fundamentale Geltungsreflexion. Historische und systematische Überlegungen mit besonderem Blick auf den späten Fichte, Festschrift für Albert Mues, hrsg. v. Michael Gerten, Leonhard Möckl, Matthias Scherbaum, Würzburg 2018.

Ders., Sein oder Geltung? Eine Deutungsperspektive zu Fichtes Lehre vom Absoluten und seiner Erscheinung. In: Fichte-Studien, Bd, 47, 2019, S 204-228.

Siehe auch Mathias Müller, Theologie im transzensus. Fichte Studien, Supplement, 2010. 

5Die Religions- und Offenbarungsauffassung Fichtes ist dabei abgrundtief von Hegels Religionsauffassung verschieden. Letzterer geht von vornherein von einer panlogistischen Idee Gottes aus, die sich dann in der Anstrengung des Begriffes zum göttlichen Bewusstsein im Selbstbewusstsein entwickelt. Hegel plaudert im Grunde irgendetwas von Religion daher, hat aber keinen systematisch abgeleiteten Begriff. Er liest entweder historisch-empirisch etwas aus der Bibel auf, oder er bringt etwas Luther, eigenwillige Thesen zur Satisfaktion und Restitution, redet vom Gefühl und vom Kult, von der Versöhnung mit Gott im Geiste usw.. Alles sehr verworren und absurd.
„Das Sein, womit die Philosophie anzufangen hat, erweist sich zuerst als “Idee” oder absolute Vernunft. Die Idee wiederum gebiert die Natur, die als die “Idee in ihrem Andersseyn” oder als
verkörperte Vernunft zu begreifen ist. Diese Vernunft erlangt dann im Menschen das Selbstbewusstsein und wird dadurch Geist. Die Idee oder die absolute Vernunft ist auf diese Weise als Prozess des Zusichkommens aufzufassen, worin sie sich selber zum Geist entwickelt.“ (Handout kürzlich eines Vortrages auf der KU in Linz, S. Houlgate, 29. 5. 2024)

6Vgl. J. Widmann, Die Grundstruktur des transzendentalen Wissens, ebd. S. 210.

7J. G. Fichte, Die Anweisung  zum seligen Leben oder auch die Religionslehre. Berlin 1806, SW Bd. V, S 397 – 580 bzw. GA I, 9.

8A. Mues, Manuskript „Christologie“.

9A. Mues, ebd. „ Eine Philosophie, die aus dialektischen Gliedern, also aus jeweils sich ausschließenden Bestimmtheiten und daher allein aus Begriffen (vgl. Spinoza: „omnis determinatio est negatio”) sich eine Welt aufbauen will, kann kein festes Gebäude errichten. Dies hat mit Recht Friedrich Heinrich Jacobi moniert. Auch die Scholastik, die eines obersten Begriffs bedarf, ist dieser Begriffsphilosophie erlegen.“

10 Fichte, Transzendentale Logik I von 1812, Studientextausgabe fhs 4, 1, S 62: „Offenbarung. Was ist denn nach der W. L. das Wissen andres, als Offenbarung Gottes, wie er ist in ihm selbst[?]; u was ist der Zwek der W. L. andres, als daĂź das Wissen dieses wirklich werde, im wirkl[ichen]. BewuĂźtseyn jedes Individuum.[?] Nur reden wir von einer rechtlich zu erlan- genden Offenbarung, auf dem Wege der eignen Freiheit, und der eignen Besinnung: nicht von einer durch ein gegen das absolute Gesez des Wissens laufendes Wunder angeworfen seyn sollenden Offenbarung, halb gestohlen, halb gebettelt. Kant hat es ihnen unĂĽbertreflich wohl gesagt: Sie sind vornehmer, ihnen muĂź alles werden ohne ihre Arbeit: graben mögen sie nicht: doch schämen sie sich garnicht zu betteln,“ – ihrem Gotte, wie sie nach ihrem Bilde ihn geschaffen haben, etwas abzuschmeiche[I]n, abzuheucheln, u abzulĂĽgen. – Damit Sie mich gewiĂź recht verstehen. Satz: Es ist ohne Zweifel eine groĂźe Unverschämtheit, Erleuchtung von Gott zu fodern, ohne eignes Nachdenken; und eine lächerliche Eitelkeit, zu glauben, man sey im Besitze derselben, ohne daĂź man sich bewuĂźt ist, sie auf dem rechten Wege gesucht zu haben. -„

11R. Lauth, Das Problem der Interpersonalität, siehe Anm. 2, S. 193

12Wiederum ganz anders die kraftlosen Spekulationen zur Religion bei Hegel. Dort kommt es gerade auf die Versenkung und Passivität an, auf die Sich-Ergebung in die absolute Vernunftidee, damit von selbst der Begriff derselben sichtbar werde.
Siehe Vorrede zur Phänomenologie des Geistes: Es muss unsere Aktivität oder Anstrengung darin bestehen, uns in den Inhalt des Glaubens zu versenken, diesen Inhalt selber sich bewegen zu lassen und uns des eigenen Einfallens in den immanenten Rhythmus der Begriffe zu entschlagen. (…) Auf diese Weise lassen wir die Vernunft selber in uns werden. Und unser Denken bleibt nicht bloĂź unser Denken, sondern wird eben das Denken der Vernunft selber sowohl im objektiven als auch im subjektiven Sinne. (…) Die Vernunft ist das Göttliche im Menschen (…). (Vortrag v. St. Houlgate, 29. 5. 2024, KU-Linz.)

14A. Mues, Manuskript Christologie: „(…) Der unbeugsame Anspruch des Sittengesetzes wird sich ausgestalten in Religionen mit ihren Kulten und eben auch in den herkömmlich sogenannten Offenbarungsreligionen, denn auch das Sittengesetz bedarf eines Angesichtes. Es ist das, wie gesagt, legitime Bedürfnis, praktisch und in Postulatgestalt zu veranschaulichen, was allerdings schon in seiner Unsichtbarkeit vollkommen berechtigt wirkt. Diesem legitimen Bedürfnis verdanken sich die Religionen. Aber aus dieser Bedürftigkeit heraus eine transzendente Wirklichkeit theoretisch und praktisch zu behaupten, ist vorläufig, ad hominem, nicht aber systematisch endgültig erlaubt.“

Autor: Franz Strasser

Dr. Franz Strasser