J. G. Fichte, Wissenschaftslehre 1811 – 4. Teil, 17. – 23. Vorlesung (in Stichworten)

J. G. Fichte, Wissenschaftslehre 1811 – 4. Teil, 17. – 23. Vorlesung (in Stichworten)

Das Sehen ist zufolge des Erscheinens und ist so dieses Erscheinen. Das Sehen in dieser Form ist die Sichtbarkeit Gottes. Die zugrundeliegende Einheit ist ein Vermögen, eine synthetische Einheit im Bewusstsein, ein Reflex, das Vermögen der kantischen transzendentalen Apperzeption, oder anders gesagt, die Erklärung des Bewusstseins.

Ich bringe jetzt drei Seiten Zitat, weil es die dichteste Beschreibung von „Bewusstsein“ ist, die Beschreibung von Einheit und Mannigfaltigkeit in der Erscheinung, d. h. wie in und aus dem Bewusstsein und doch unterschieden von es, Einheit und Mannigfaltigkeit genetisch hervorgehen und faktisch erscheinen. Es wird „das Bewußtseyn selbst zum Bewußtseyn“ (ebd. S 116 z 4) erhoben. Oder anders gesagt, wie der Begriff eines „Prinzips“ einzig gedacht werden kann. (Hervorhebungen immer von mir)

17. Vorlesung, S 112f.

6.). Nun ist, wie mehrmals erinnert worden, dieses Als nur Reflex eines Faktum, das drum voraus gesezt wird. Das Vermögen in Beziehung auf das mannigfaltige kann drum nicht erscheinen als erschaffend dasselbe, denn es ist dieses schon zufolge des Faktum. Als was soll nun das Vermögen erscheinen? Selbst dies liegt schon in seiner blossen Form, und ist mit derselben zugleich ausgesprochen. – Es ist in dieser reinen Form nur ein concentrirt seyn auf sich selbst; zu seiner Verwirklichung in Beziehung auf die Mannigfaltigkeit bedarf es daher gar nichts weiter als daß es sich gehen lasse. Es erscheint drum in Beziehung auf das Mannigfaltige, und seine Vereinigung, nur als sich hingebend, eben an sich selbst, u. in diesem Hingeben macht sich ihm denn das Mannigfaltige selbst. – Deutlicher: Oben [hieß es]: Die Erscheinung macht sich selbst[;] [dies] hat einen doppelten Sinn: mit Freiheit, u. durch ihr Seyn. Beides ist | in der Erscheinung hier vereinigt, 
(S 113) u. schlechthin Ein Schlag, wie es ja irgend einmal seyn muß. Sie giebt sich hin mit absoluter Freiheit an das – sich selbst in diesem seinen Seyn machen; und umgekehrt:“ sie macht sich nicht in ihrem Seyn, ohne sich durch den Reflex zu erscheinen, als sich mit Freiheit machend. Ich werde über diesen neuen Einheitspunkt sogleich eine wichtige, u. durchgreifende Bemerkung hinzufügen.

Jezt 7.[)] Durch ein Beispiel die Anschauung stärken!“ Wenn eine Vorstellung, z. B. die des Ofens, aufgefaßt wird, Stük für Stük, so ist man sich recht gut bewußt seines Vermögens die Auffassung schliessen zu können, wo man will, sie drum, soweit man sie fortsezt, fortzusetzen mit absoluter Freiheit; also [man hat] das Bewußtseyn des Vermögens. Doch soll in ihr selbst alles beisammen alles bei einander seyn, u. nur durch diese Totalität, u. dieses Beieinanderseyn des Mannigfaltigen der Ofen selbst constituirt werden. Was thut nun das Vermögen? schaffen nicht: aber sich hingeben, dem sich selbst machen. Attentir[e], so ergiebt sich in dir das richtige Bild selbst. Ohne Attention, kein Bild; wiederum: kein sich selbstmachendes Bild, keine Attention. Hier zeigt sich dieses Zusammenfallen des Machens durch Freiheit, des Machens durch Seyn.

8.). Wir haben bisher stets vorausgesezt, daß zufolge der absoluten Sichvollziehung der ursprünglichen Freiheit ein Faktum sey, als das erste, eben der früher beschriebne synthetische Periode = Wissen: (sc. als Schema des Vermögens von Einheit und Mannigfaltigkeit, als Schema von Inhalt, als Als, als Reflex des Faktums Sehen): u. daß dieses Faktum schlechtweg, zufolge des Soll eines Als seinen Reflex bei sich führe, was entspricht der zulezt beschriebnen synthetischen Einheit des Sehens (sc. als Licht, als absolute Sichtbarkeit) ; welches beides, in dieser absoluten Vereinigung, giebt das Bewußtseyn, als die wahre u. höchste synthetische Einheit, die auch allein in sich Selbstständigkeit hat, da die Theile sich gezeigt haben, als durchaus nicht für sich bestehend. Wissen: [war] ohne Licht; Sehen[:] ohne Gehalt. Können wir denn

S 114 also bei der Voraussetzung bleiben, von der wir ausgegangen sind, daß das Faktum erst sey, u. die Wurzel des Zustandes, [sodann] von ihr der Reflex: da wir ja fanden, daß sie ohne ihn nicht sey? Für unsre Argumentation u. um die Einsicht nur erst zu erzeugen, mag es ganz recht gewesen seyn, beide Synthesen als Bedingendes u. Bedingung aus einander zu halten: Jezt aber haben wir ja ihren Einigungspunkt, das Bewußtseyn selbst: nur in ihm u. dessen Einheit sind ja die Theile. Wir müssen drum die Sache so ansehen: Das Bewußtseyn ist, dies allein ist vollendet[e]s u. selbstständiges u. erstes Faktum, u. zwar ist es in diesem seinem Daseyn Resultat einer Zusammenwirkung des Erscheinens Gottes, zufolge des Als, u. des selbstständigen Seyns der Erscheinung.

Dieses Bewußtseyn theilt sich nun schlechthin durch sich selbst in zwei Grundtheile, die Erscheinung, als sich machend in ihrem Seyn, u. dieselbe als sich machend mit absoluter Freiheit. In das Faktum, u. den Reflex desselben, als Schema eines Vermögens: beides durchaus nur im Bewußtseyn, und nicht ausser dem selben; u. als unmittelbar Produkt desselben, u. durchaus keines andern. –

9.). Nun die Hauptbemerkung, die sich Ihnen wohl während der Untersuchung aufgedrungen haben wird. Diese Zerlegung des Bewußtseyns in das Faktum, u. den Reflex desselben, das Sehen, u. das Wissen, u. diese Zerlegung des leztern in die bekannte Synthesis, des ersten in Schema eines Vermögens als solchen, das als absolut Eins bleibend eine Mannigfaltigkeit in sich aufnimmt, haben doch wohl nur wir gemacht: – in dem Sinne, daß dieses, diese Einheit der Einheit als solcher, und der Mannigfaltigkeit als solcher das Bewußtseyn eben selbst sey, nur [wir] die W.L!/ (sc. die Bedingungen der Möglichkeit des Bewusstseins müssen sich durch die Ableitung der WL bewähren lassen, d. h. dass die Voraussetzungen der Deduktionen der WL richtig waren. Das ist umgekehrt auch ein Begründung des philosophischen Forschens selbst, denn die WL findet sich selbst in der Analyse des Bewusstseins als Analyse der eigenen Bedingungen unter der Voraussetzung oder Deduktionsidee der Erscheinung des Absoluten in seiner Sichtbarkeit als Freiheit bzw. als Vermögen des Schematisieren und als mögliches und wirkliches Sehen.)

Das Bewußtseyn der Bestandtheile aber, als Einheit des Vermögens, u. gegebne Mannigfaltigkeit des darin aufzunehmenden, ist schon in unserm eben gegebnen Beispiele erschienen, welches eigentlich die erste Reflexio[n] war. Wie
(S 115) diese möglich sey, werden wir zu seiner Zeit zu beantworten bekommen. Dieses mannigfaltige u. die synthetische Einheit desselben nun ist selbst das Bewußtseyn, haben wir gesagt, das wenn, es ist, eben ist, diese in sich aufgehende Einheit ist: die drum weder sich erscheint, noch eben darum die mannigfaltigen Bestandtheile in ihr erscheinen können. Also, wie das ursprüngl[iche]. Bewußtseyn ist, sind zwar diese Bestandtheile, denn sie selbst sind das Bewußtseyn: aber sie erscheinen nicht, ebensowenig wie das Bewußtseyn selbst erscheint, indem ja sodann nicht Bewußtseyn, sondern Bewußtseyn des Bewußtseyns wäre, was wohl auch seyn mag, was aber ein ganz anderes wäre, von dem wir hier nicht reden.
Das Bewußtseyn ist die Einheit der Einheit als solcher u. der Mannigfaltigkeit als solcher, im absoluten Aufgehen in sich selbst: aber eben drum, weil es das ist, erscheint in ihr nicht, weder die Einheit noch die Mannigfaltigkeit. Dasjenige demnach, das wir jezt abgeleitet, und aus seinen, durch die Ableitung klar gewordenen Bestandtheilen zusammengesezt haben, ist das Bewußtseyn selbst, wie wir es sind, u. immer gewesen sind, dieses als Faktum durchaus einfache: Dieser Zustand eben, der seyn kann, aber in dem Seyn durchaus nicht weiter sich beschreiben, ist voraus beschrieben: Es ist in ihm die absolute Sichtbarkeit des Vermögens, als die Einheit, u. dies verbreitet Licht, u. Sehen im Bewußtseyn: es ist in ihm ein Mannigfaltiges, an welchem das Vermögen sich bricht, u. spiegelt, u. dies giebt dem Bewußtseyn seinen Gehalt. Diese Durchsichtigkeit eines Etwas (sc. des sich reflexiven Sehens, das sich zum Objekt macht und in diesem objektiven Hinsehen auf das Sichtbare sich restlos durchsichtig und unsichtbar macht), das nur durch Mannigfaltigkeit etwas wird, ist nun eben das Bewußtseyn. Das Bewußtseyn drum schlechthin durch sich u. sein Seyn ists, was die Einheit u. die Mannigfaltigkeit, u. ihre absolute Verschmelzung mit sich führt, weil es eben selbst, das Bewußtseyn, nichts ist denn diese Verschmelzung. – [Es ist] Nicht gefragt: woher kommen sie? Willst du fragen, so frage: woher kommt das Bewußtseyn? Das nun eben haben [wir] beantwortet.“ (ebd. S 112 – Z 16 bis Seite 116 Z 2)

S 116 – Wir suchten ein Prinzip. Eine faktischen Gegensetzung haben wir noch nicht.

Es muss weitere Bestimmungen dieser Grundform Bewusstsein und eine Spaltung in andere Bestimmungen geben.

S 117: Fichte verwendet jetzt den Terminus der „Apperzeption“ um die Anwendungsform für die synthetische Einheit der Mannigfaltigkeit zu beschreiben: Die transzendentale Apperzeption muss vom Sinn her eine „absolute Form“ (ebd. S 117 Z 1) sein, und a) die Form einer Deduktionsidee an sich tragen, aus der alle weiteren Schemata und alle Vielfalt des Seienden ableitbar sind, d. h. als Weiterbestimmungen der Idee der Erscheinung des Absoluten fungieren. Weil dieses Bild und dieser Begriff der Erscheinung als Ausgangspunkt gewählt wird, ist sowohl Einheit wie Mannigfaltigkeit in der Vorstellung und im Bewusstsein einsehbar möglich. Die „Apperzeption“ als Deduktionsidee – das ist die theoretische Nachkonstruktion der Gesetzesgenesis der Erscheinung des Absoluten in ihren Begriffsfolgen von Schemata (Vermögen) und Sein, von Negation und Bild – ins Unabsehbare. „1.) Deduktion: Weil das absolute nicht bloß implicie, sondern explicite ausdrüklich, als solches erscheint, welches kategorisch sich hier verwandelt in ein soll.“ (ebd. S 117 Z 1f)

Die transzendentale Apperzeption ist hier ferner b) „ (….) 2.) absolute Sichtbarkeit des Vermögens, als einer Einheit, die immer und ewig Eins bleibt u. dieselbe, hier in der Mannigfaltigkeit der Synthesis, späterhin in allem unendlichem Wechsel.“ (ebd. Z 5f). Sie ist analytische Einheit und zugleich synthetische Einheit – und gerade als diese Einheit ermöglicht sie die reelle Verknüpfung der Mannigfaltigkeit.

Sie ist das Vermögen, „(…) das in diesem Verknüpfen schlechthin sichtbar ist, und so auch an ihm das mannigfaltige sichtbar wird.“ (ebd. Z 10)

An diesem Mittelpunkte fehlte es Kant.

19. Vorlesung S 118 –

Das Prinzip soll bis zur selbstständigen Freiheit der Erscheinung geführt werden.

Es soll zum Begriff der absoluten Einheit des Vermögens und der synthetischen Einheit der Verknüpfung des Mannigfaltigen in ihrer absoluten Form des Bewusstseins kommen, d. h. anders gesagt, zur Form der Anschauung – erklärt und abgeleitet, wie in der GWL von 1794 § 4 als „Deduktion der Vorstellung“ schon unübertrefflich deduziert:

S 120 – Sehen ist diese lebendige Einheit

Gehen wir weiter!“ in dem beschriebnen Bewußtseyn ist ein Bestandtheil, der, unsrer Einsicht nach, allerdings Schema ist, denn er ist Produkt der Freiheit der Erscheinung, der aber in diesem von uns beschriebnen Bewußtseyn nicht als Schema erscheint. Dieses ist das Etwas, die Mannigfaltigkeit. Nur inwiefern diese durch das Vermögen als Vermögen, sodaß dasselbe erscheint als auch nicht könnend, verknüpft wird, ist sie aufgenommen in das Sehen, also in das Schema als solches, inwiefern sie aber ist, soll sie eben seyn unabhängig vom Vermögen, u. so ein wahres gegebnes, und vorgefundnes Seyn seyn. Darum erscheint die Freiheit, wie oben erinnert, in der etwaigen Reflexion auch nur als ein sich hingeben, keinesweges als ein Erschaffen, indem nur der Reflex im Schema aufgeht, die ursprüngl[iche]. Freiheit des Erschaffens durch die Vollziehung des Vermögens der Erscheinung überhaupt
(S 121) hier aber gar nicht erscheint, sondern nur ihr Produkt. Darum tritt auch in derselben Reflexion heraus die Vorstellung, die ganz u. gar übereinstimmen soll mit dem Seyn, u. ein Seyn, das ganz u. gar übereinstimmen soll mit der Vorstellung. Das leztere ist das Produkt der absoluten Freiheit besonders, und die erste das Produkt des Reflexes besonders. Dieser Theil also, der Inhalt, nicht die Form des Bewußtseyns, ist es, der uns als Schema einleuchtet, in dem Bewußtseyn aber nicht also. Dennoch muß, zufolge des allgemeinen Als, auch dieses Schema als solches, in irgend einem Bewußtseyn erscheinen, da er ja ein solches ist. (ebd. S 120 Z 19ff u. S 121 bis Z 11, Hervorhebungen von mir)

Der Inhalt des Schemas soll Produkt (Vorstellung) der absoluten Freiheit der Erscheinung sein und werden. Das ist dem Bewusstsein als Produkt nicht bewusst, kann aber nicht anders sein, da alles Sein nur im Bewusstsein gesetzt sein kann.

S 122 Es folgt eine Rekursion auf das absolute Erscheinen, d. h. die Deduktion muss mit dem absoluten Soll beginnen, damit das Schema in der Sphäre der Faktizität (als solches, als Schema und als Sein), d. h. in einem besonderen Bewusstsein, als Als eines Konkreten, der Bedingung der Möglichkeit nach wirklich vorgestellt werden kann, d. h. als Freiheit des Erschaffens durch die seinshafte Vollziehung des Vermögens, des Schemas, der Erscheinung überhaupt.

Anders gesagt: Es geht um die Deduktion der Möglichkeit des Schemas in der Erscheinungs-Wirklichkeit des Bewusstseins, das nach einem Gesetz der absoluten Erscheinung gebildet wird.

 

S 123 – Das Schema des Vermögens muss als notwendig, d. h. nach einem notwendigen Gesetz, deduziert werden. Das Vermögen muss absolut Schema sein, d. h. ein vereinheitlichendes, eines Schema sein, soll aber auch Mannigfaltiges enthalten und verknüpfen d. h. soll zu einem abgeleiteten, eingesehenen, faktischen Disjunktionsprinzip führen.

Anders gesagt: Das Schema muss ein wirkliches Sehen werden, von der Möglichkeit zur Wirklichkeit des Sehens übergehen. Das Sehen selbst, absolut sichtbar, geht im Sehen auf, ist absolut sichtbar, und evident“ (ebd. Z 29); in dieser Beziehung, dass es Schema sei, kann die Freiheit sich noch nicht anschauen und denken.

S 124 – Der Inhalt des Sehens, dass es ein Schema sei, macht sich schlechtweg. Der Inhalt ist Resultat des Seins der Erscheinung. Diese Erscheinung macht sich als Als durch das Soll, durch das zum Gesetz gewordene absolute Erscheinen Gottes.

Der Akt der Freiheit und des Vermögens – ist es ein Hingeben an einen anderen Akt? Das Schema erscheint (beliebig) in einem singulären Bewusstseins als Sein, in einem anderen Bewusstsein als Schema?

Das Schema wird weiter analysiert. Im vorausgesetzten Sehen machte es sich selbst zum Schema schlechtweg durch sich. – „(…) nicht durch das Sich-Machen mit Freiheit, sondern durch das blosse Seyn. Es wird gegeben als Schema.“ (ebd. S 125 Z 4)

S 125 – das Schema ist als Vermögen im Sehen konkresziert, d. h. es muss dem Schema entgegengesetzt sein ein Sein. Das Anschauen ist reflektierendes Wissen.

Das Bewusstsein ist Reflex eines solchen, das nicht ein bloß formales Sehen ist ist, sondern bedingt durch ein Gesehenes:

Das Bewußtseyn in seiner absoluten Form ist ja stets Reflex eines solchen, das nicht durch das formale Sehen seyn soll, und dies ist eben das Gesehene. -. So [ist es] in der Form des Bewußtseyns überhaupt: so hier. – Das gesehene, das dem Reflex zu Grunde liegende, also nicht durch ihn gemachte, indem vielmehr er dadurch gemacht ist, dasjenige, in Beziehung auf welches die Freiheit des Sehens bloß sich hingebend ist, ist hier, daß irgend ein x. bloß Schema sey.“ (ebd. S 135 Z 21ff)

Das im Sehen Reflektierte kann aber wiederum nichts anderes sein als die Erscheinung des Absoluten selbst, aber hier nur in der Form eines für das Schematisieren und Sehen möglichen Form einer „Bestimmung der Erscheinung durch das absolute Erscheinen Gottes in ihr „(….) in der Form eines soll: „Das absolute soll schlechthin als solches erscheinen, drum [soll] das Schema, dessen Schematicität sich erst verbarg, als ein Schema erscheinen“. (ebd. S 125 Z 34f)

S 126 – Dafür muss ein Freiheitsakt schon vollzogen sein, nicht als bloßer Reflex, sondern als anderer, neuer, entgegengesetzter Freiheitsakt.

Ein Freiheitsakt, zufolge dessen ein Schemas, das in einem anderen Bewusstsein sich für ein Sein gibt, als ein Schema heraustreten und bewusst werden kann. (Das findet sich bei Kant nicht.)

S 127 Das Sein in einem Bewusstsein, das Schema im anderen Bewusstsein, soll als x eines gesehenen Seins bewusst werden.

Sehen ist bis jetzt Reflex des Faktums. Die Sichvollziehung des Aktes geht notwendig verloren.

Die Wahrnehmung ist nur das Faktum, das Resultat der Tätigkeit, weil sie nur dessen Reflex ist.

S 128 Eine genetisches Sehen ist gesucht.

Es muss eine absolute Anschauung der alleinigen Möglichkeit des Faktums geben, wie sie schon in der Erscheinung liegen muss, zufolge des Gesetzes der Erscheinung des Absoluten

S 129 – das ist apriorisches Wissen, Anschauung durch sich über das Faktum – das Schema muss als Schema erscheinen – d. h. es muss eine Anschauung der allgemeinen Möglichkeit eines Faktums geben – dies ist der Freiheitsakt.

21. Vorlesung – S 129

Erscheinung geht in der Faktizität ganz in ihrem Sehen auf.

Erscheinung hat aber zwei Weisen des Seins: a) als Erscheinung Gottes (ebd. Z 25) – welches geht bis zur eigenen Selbstständigkeit, ein immanentes Sein, ideales Sein.

b) ein Sein durch sich selbst und durch Vollziehung der Freiheit, ihre faktische Seinsform.

S 130 „(…ihr faktisches Seyn, in der durchaus erschaffenen Sphäre ausser Gott. In dem aufgestellten Satze ist von dieser lezten Sphäre die Rede. In dieser sey nichts denn das Sehen des Faktum; u. die Erscheinung, als in dieser Sphäre befindlich, gehe drum drin auf. Daß die Erscheinung auch im idealen Sinne in diesem Fakto aufgehe, ja daß sie in diesem Sinne überhaupt jemals im Fakto aufgehen könne, darüber wird nichts behauptet.
Sollte drum das gesuchte andere Sehen entstehen, so müßte die Erscheinung nicht darin aufgehen, sondern ihr faktisches Seyn schlechthin durch eigne Freiheit, über diesen  Umkreis erheben. Dies wäre der gesuchte absolute Freiheitsakt; dies müßte sie, aber auch absolut nichts weiter: Wie [er] sich nur losgerissen hätte aus jener Gefangenheit, so träte unmittelbar die Wirksamkeit des Gesetzes ein, das im idealen Seyn nur ein Soll war, im faktischen zufolge dieses Akts ein Muß wird, u. erzeugte schlechthin die gesuchte Anschauung der alleinigen Möglichkeit des Faktum.“ (ebd. S 130 Z 3ff)

Es sind dies m. E. hochwichtige Passagen zum Verständnis a) des „x“ eines gesehenen, anderen Schemas (mit Inhalt) (im Unterschied zum nicht gesehenen, eigenen Schematisieren, siehe oben S 127) als auch b) zum Begriff der Freiheit im faktischen Sehen: Die Erscheinung als Idee enthält die Deduktionsidee oder Deduktionsmöglichkeit – durch das Soll der Erscheinung begründet – dass die Freiheit als Freiheitsakt für möglich gedacht werden kann (als Schema 2).

Freiheit ist als Weiterbestimmung der Erscheinung denkbar, und kann explizit „Selbstbestimmung“ (bestimmend) genannt werden, insofern das Schema 1 des Vermögens noch ganz bei Gott bleibt, begründet als Vermögen der Beschränkung im prinzipiellen Soll der Erscheinung überhaupt, im Schema 2 der Vollziehung des Vermögens aber zu einer selbständigen Selbstbestimmung und selbständigen Beschränkung der Erscheinung übergeht (mit gleichzeitigem Beschränktsein) und zu einem sozusagen selbständigen Wesen der Erscheinung wird, d. h. als erste seinshafte Konsequenz des Vollzuges von Freiheit bestimmt werden kann. (Das wird später noch weitergeführt und als Ichheit, Ich, Schema 3/4/5 bestimmt).

Dies, sagte ich, wäre der gesuchte absolute FreiheitsAkt. Streng. Ihn charakterisiren!“ Er fällt in die Sphäre der Fakticität, (keinesweges reden wir hier von der idealen;) innerhalb der Sichvollziehung der Freiheit. Und was ist er? Vollziehung irgend eines Schema?Hervorbringung irgend eines Bewußtseyns? Keinesweges; alles dieses macht sich eben selbst, durch das Gesez, es wird nicht gemacht durch die Freiheit.] Es ist lediglich ein Bestimmen des faktischen Seyns der Erscheinung, durch ihre absolute innere Freiheit. Daß X. als Faktum erschien, war Resultat des Aufgehens der Erscheinung in diesem faktischen Sehen; soll ein anderes Sehen an dessen Stelle eintreten, so muß die Erscheinung eben nicht  (S 131) mehr allein darin ihr faktisches Seyn haben, sondern sie muß dasselbe mit Freiheit erweitern. Ihr faktisches Seyn, aber auch lediglich ihr formales, u. reines Seyn; nicht ein so oder so seyn, denn dies tritt ohne alle Freiheit durch das Gesez hinzu. Dieses neue faktische Seyn läßt sich auch nur relativ bestimmen; es ist ein neues, ein andres, denn das Aufgehen im faktischen Sehen, ein gegen das erste erweitertes. 

Nicht, dass das So- und So-Sein der Erscheinung beliebig bestimmt werden könnte; das Sein der Erscheinung ist im faktischen Sehen prinzipiell vorgegeben, aber eine begründete Weiterbestimmung („Erweiterung“) der Erscheinung kann durch Freiheit gedacht werden. Das Schema 2 ist abgeleitet gewiss, ist eine „relative“ Erweiterung, ein „neues, ein andres Aufgehen“ im faktischen Sehen – und somit die Zusammenbindung einer genauer Grenzziehung von idealer und realer Welt.

Daß es nun eine solche absolute Freiheit der Erscheinung, ihr formales Seyn zu erweitern (so sagen wir indessen; wir werden bald sagen können, überhaupt ursprünglich zu bestimmen,) geben müsse, ist unter unsrer Voraussetzung des absoluten Soll bewiesen. Denn nur unter Bedingung einer solchen Freiheit erscheint das Schema als solches, u. so das absolute als solches. Nun soll schlechthin [das Absolute er-scheinen;] also [muß die Freiheit ihr Sein erweitern können.]. (ebd. S 130 Z 22 bis S 131 bis Z 16)
„Unsere Aufgabe ist gelös’t. Es ist gezeigt, wie ein Schema, das in einer Form des Bewußtseyn nicht als solches erscheine, in einer andern, als solches erscheinen könne.“ (ebd. S 17f)

4.) Ich sage: u. durch diese Lösung ist denn zugleich das bis jezt gesuchte Princip = X. gefunden, und wir sind auf den Weg der strengen Deduktion zurükgekommen. [Dies sei] Deutlich ausgesprochen durch Gegensatz: Bis zur Ableitung einer selbstständigen Freiheit in der Erscheinung ging unsre Deduktion. Von da an war unsre Voraussetzung, daß die unmittelbare Sich Vollziehung dieser Freiheit ein Schema geben würde; welches das das ganze Wesen der Erscheinung ausdrükende Schema, von uns II. genannt, seyn würde; mit dessen Vollziehung aber auch der ganze Proceß der Erscheinung zu Ende seyn, auch es niemals zu solchen Phänomenen, als wir sie faktisch vorfinden, einem Bewußtseyn [Gottes], u.sw. kommen würde. – Jezt sehen wir, daß diese Voraussetzung darin, daß dies unmittelbar die Vollziehung der Freiheit gebe,
(S 132) gänzlich unrecht habe. – Es schiebt sich uns ein andres Mittelglied ein: Die unmittelbare Sich Vollziehung der Freiheit der Erscheinung ist durchaus nicht irgend ein Schema: sondern sie ist eine Selbstbestimmung ihres eignen formalen Seyns, zufolge welches Seyns nun erst, nicht durch Freiheit, sondern nach dem Gesetze ein gewisser schematischer Zustand entsteht.“ (ebd. S 132 Z 1 bis Z 7)

– Dieses formale Seyn [bitte ich Sie] scharf zu denken: Es ist überhaupt nichts, denn das, was wir aussprachen, die Bestimmung, Beschränkung der absoluten Freiheit, nach einem Gesetze, dem Gesetze des Vermögens, sie zu beschränken. Das Seyn ist in der Wurzel eben nichts anderes, als Beschränktheit der [sonst] ungebundenen Freiheit auf die u. die Form der Beschränktheit; u. nur insofern, u. im Gegensatze mit der ungebundenen Freiheit, ist es Seyn. – Man kann demzufolge, u. in diesem Sinne der Erscheinung (vor allem Schematismus voraus, darauf kommt es uns an, nicht zwar der Zeit, aber dem Denken nach) zuschreiben ein wirkliches wahres Seyn: nemlich, inwiefern die Erscheinung selbst durch Bestimmung ihrer Freiheit sich dazu macht. – . Sie selbst ist Schöpferin ihres faktischen Seyns, u., nur inwiefern sie es erschaft, ist es. W.D.E. W. Nun kann dieses Seyn nicht weiter sich erstreken, als das Vermögen der Erscheinung sich erstrekt, die Freiheit zu beschränken. Dieses Vermögen ist drum der Grund und der Maasstab des faktischen Seyns der Erscheinung: wir können es drum auch, da es ja selbst ein bestimmtes ganzes zu erschöpfendes ist, ein Seyn nennen, nemlich, da es vor aller Fakticität vorher ist, u. Grund derselben, das bloß ideale Seyn: das Seyn eben an Gott.-. 
Um im Vorbeigehen die Grenzen scharf zu bestimmen: Das ideale und das faktische Seyn der Erscheinung, also die ideale, u. [die] faktische Welt, sind hier genau geschieden. Der Mittelpunkt beider ist die absolute Freiheit der Erscheinung; diese ist schlechtweg zufolge des Erscheinens Gottes, 
(S 133) u. so ideal; u. wenn sie sich vollzieht, so ist dadurch ein fak- tisches. Wie nun dieses leztere mit der Freiheit im idealen Sinne gränze, wußten wir bis jezt noch nicht, haben es aber jezt erfahren. Die absolute Vollziehung der Freiheit geht nicht nach aussen, sondern in sich selbst zurük; es ist ein Selbstbestimmen. – Die Freiheit ist drum theils bestimmend, theils bestimmt. Inwiefern sie überhaupt bestimmend ist, ist sie begrenzt, ein Vermögen sich zu bestimmen, u.liegt in der idealen Welt. Inwiefern sie durch die Vollziehung dieses Vermögens bestimmt ist, ist sie ein faktisches, gewordnes or Seyn, u. liegt in der faktischen [Welt]; u. so greifen diese beiden Welten ein in einander; u. der Grund des Zusammenhangs ist ein entstehen eines seyns schlechthin aus nichts durch die erstere in der V[ollziehung]. (ebd. S 132 u. S 133 bis Z 14)

Anders gesagt: Es geht um die Frage und die Lösung des Problems, wie im Schematisieren ideales Sein (an Gott) und reales Erscheinen verbunden werden können kraft Selbstbestimmung durch Freiheit. Anders gesagt: Es geht a) um eine nähere Analyse des Schematisieren der transzendentalen Möglichkeit nach, wie zwar einerseits schematisiertes Sein nur durch freien Vollzug sein kann, andererseits die Freiheit des Schematisierens („Handlung nach innen“) nur einem realen, vorgegebenen Gesetz der Selbstbestimmung folgen kann (als innere Freiheit); das führt weiters b) zu einem einsichtigen Grund des mannigfaltigen Sehens, zur Dreifachheit oder Fünffachheit und Unendlichkeit des Schematisieren-Könnens bei bleibender Einheit im Bewusstsein und weiters c) zu einer faktischen und zeitlichen Synthesis der Reflexion und Reflexibilität. (Vorausblickend: Daher, weil die Freiheit dem Soll nicht mit Einem Schlage genügen kann, indem sie nothwendig aufgeht in einem bestimmten Zustande der Anschauung, der den entgegengesezten ausschließt; darum verwandelt sich das Soll, nicht an sich, sondern in seiner Anwendung im Fakto, in ein mehrfaches. (…)“ (22. Vorlesung, ebd. S 135 Z 8f)

 

22. Vorlesung

5.) Daß nun die unmittelbare Vollziehung der Freiheit eine solche ist, eine Selbstbestimmung nach innen, durchaus keine Handlung nach aussen, ist schon abgeleitet aus dem unmittelbaren Erscheinen Gottes, als einem Gesetze, einem Soll für die Freiheit. Wir wollen hier nur das ganze noch schärfer fassen. Soviel ist wohl eben schon eingesehen: Das Erscheinen Gottes ist, ist in der Erscheinung, u. das wahre u. lezte Seyn der Erscheinung selbst. Nun ist die Erscheinung in Beziehung auf ihr eignes faktisches Seyn durchaus frei: in dieser Vereinigung mit der Freiheit verwandelt sich nun das, was in der idealen Welt allerdings Seyn ist, in Gesez für die Freiheit

Nun ist hier der bestimmte Inhalt des Gesetzes, daß das absolute Seyn als solches, mithin auch alles Schema als solches erscheine. Es versteht sich, daß, so wie im idealen Seyn das Erscheinen des absoluten, als solchen, Eins ist, und fertig, nicht etwa nach u. nach wird, eben so im Uebergange zur Wirklichkeit, wo dieses Seyn Gesez ist, es auch ist auf Einen Schlag, u. keinesweges wird nach, u. nach. -. Wenn sonach das Gesez erscheint, nicht als Eins, sondern als in sich geschieden, und mehrere Gesetze, so muß dieses einen andern Grund haben; und es kommt uns drauf an, diesen Grund in seinem eigentl[ichen]. Mittelpunkte zu erfassen, indem ja wohl dieses der eigentl[iche]. Disjunktionspunkt seyn dürfte, den wir suchen.(ebd. S 134 Z 4ff bis Z 27)

Es sind dies m. E. erhabene Stellen, die ich in einen theologischen und christlichen Kontext stellen möchte: Oder ist das eine Überinterpretation? Es gibt a) eine apriorische Vernunftoffenbarung Gottes, die sich kraft Vernunft und Bewusstsein zeigt (erscheint) und b) einen notwendigen Übergang einer faktischen, positiven Offenbarung Gottes, weil die geforderte Selbstbestimmung der Freiheit nur nach innerem Gesetz der Handlung verlaufen kann, die sich äußert in einer zweifachen Reihe innerer und äußerer Anschauung (innerhalb der Einheit des Bewusstseins). Es entspringt, anders gesagt, notwendig eine logische Disjunktion zwischen idealem Sein Gottes (apriorischer Offenbarung) und realer Verwirklichung (positiver Offenbarung), die realisiert wird als notwendige Sinnidee der Wiederherstellung von allem nach einer zerstörter Freiheitsordnung. Diese Wiederherstellung ist nach christlichem Glauben einerseits wiederum abgeschlossen und vollendet (genetisiert), andererseits nur in kirchlicher Weise zeitlich realisierbar – kraft der Einheit der selbstbestimmenden, inneren Freiheit durch den Hl. Geist. (?)

Wenn z. B. die Erscheinung, wie früher der Fall gesezt wurde, ihrer Fakticität nach aufgeht in dem faktischen Sehen, so ist nun bloß ein soll des sich erhebens zur andern Ansicht der alleinigen Möglichkeit, weil in dieser ersten Weise das Schema nicht als solches erscheint, wie es doch soll. Wenn 
(S 135) nun umgekehrt durch die Anschauung der alleinigen Möglichkeit die Erscheinung sich erhebt zur Einsicht, daß X lediglich als Schema möglich sey, so ist in der That keine wahre ursprüngliche Erscheinung, die doch auch seyn soll; es tritt drum jezt ein ein blosses soll, sich in die Fakticität zu versetzen, u. beide träten faktisch ein außer einander. Woher nun diese faktische Trennung des an sich u. in der Idealität Einen Soll? Daher, weil die Freiheit dem Soll nicht mit Einem Schlage genügen kann, indem sie nothwendig aufgeht in einem bestimmten Zustande der Anschauung, der den entgegengesezten ausschließt; darum verwandelt sich das Soll, nicht an sich, sondern in seiner Anwendung im Fakto, in ein mehrfaches. Nicht das soll drum, sondern die Unangemessenheit des faktischen kann zu dem Soll ist der Grund der Disjunktion. Und in diesem Sinne allein ist auch das Soll, grundverschieden von absoluter Sichbestimmung der Freiheit, eines geschloßnen, u. zu erschöpfenden Seyns der Erscheinung vor allem Schematismus voraus, u. eines eben so geschloßnen idealen Vermögens; weil nemlich das kann des Seyns, welches durch das Soll bestimmt ist, nicht in Einem Schlage zu erschöpfen ist. (ebd. S 134 Z 28ff u. S 135 bis Z 21, Hervorhebungen von mir)

Die frei ermöglichte Realisierung eines idealen Seins vollzieht sich doppelt, weil der Seh-Akt entweder a) auf die projizierte Möglichkeit in der Anschauung gerichtet sein kann (auf die transzendierende Bedingung der Freiheit des Sehens eines Faktums), oder b) auf das projizierte Faktum der Anschauung. Wird der Seh-Akt als solcher nochmals in seiner Einheit der Möglichkeit und Wirklichkeit gesehen, wie er denn so gesehen werden muss, ergibt sich ein Dreifachheit des Seh-Aktes:

Hier hat sich nun vor der Hand eine Duplicität der mögl[ichen]. Bestimmung des faktischen Seyns der Erscheinung gefunden; welche, zufolge des Gliedes ihres Zusammenhangs, auf das wir auch noch nicht reflektirt haben, wohl seyn dürfte eine Triplicität; ein solches Seyn der Erscheinung, zufolge des ihr die Anschauung eines Faktum, und ein solches, zufolge des ihr die Anschauung der alleinigen Möglichkeit eines Faktum entsteht. Anders, denn dadurch, daß unter dieser Bedingung eine gewisse Anschauung entstehe, lassen sich die verschiedenen Arten des faktischen Seyns der Erscheinung nicht bestimmen.
Ich will den ganzen hier vorgetragnen Satz durch eine sehr populäre Bemerkung erläutern, u. Ihnend fest prägen. 
(…) (ebd. S 135 Z 21ff)

S 136 Das erscheinenden Sein der Erscheinung kann nicht verändert werden, es bleibt in seiner Gesetzhaftigkeit, aber das Sich in der Anschauung des Seins kann kraft Freiheit verändert werden.

Es stellen sich aber neue Analyse-Fragen: Die Freiheit des Vollzuges hatte somit nur ein bedingtes Dasein? Ergibt das nicht einen Widerspruch zwischen Sein der Erscheinung und Freiheit?

S 137 Das Schema X war Resultat – war ein Machen – das führt von selbst zu Endlichkeit und Vergänglichkeit gegenüber einer unendlichen Aufgabe

S 138 – Die Freiheit bleibt ein unendliches Soll.

23. Vorlesung

S 139 Es gibt eine dreifache Ansicht des Solls:
a) absolute
b) es wird im faktischen Sehen ein Muss,
c) Durch Schematisierung und Freiheit wird das Soll ein unerreichbares Soll, eine positive, differenzierte, bestimmte Möglichkeit der Unendlichkeit. Dies ist jetzt kein „schlechte Unendlichkeit“ oder kein moralisches Soll des Sittengesetzes, keine obskure Differenz – und was es an üblen Verleumdungen gegen Fichte schon gegeben hat -, sondern eine genetisch vollendete, abgeschlossene Denkbarkeit des unendlichen Schematisieren-Könnens. Die Denkbarkeit, das Können einer potentiellen (nicht aktuellen) Unendlichkeit wird deduziert. Es sind dies wiederum große Worte, die hier fallen. (Dieses Thema könnte mir dem Mathematiker Cantor zum Unendlichen vielleicht? näher expliziert werden.)
Ich zitiere hier wieder eine längere Passage:

„(…) Drum hat das Soll in dieser seiner wahren Bedeutung absolut nicht Kausalität; es bleibt ein Soll, das niemals ein Muß wird, u. jenes absolut seyende Schema tritt als solches niemals, auch nicht in einem gewissen Grade, in einer Annäherung, oder dergl[eichen]. ein in die Sphäre der Freiheit. – Nun muß dieses Gesez, dieses soll in der Freiheit, dennoch die Kausalität haben, die es kann: Dies aber ist diejenige, daß es die Freiheit, die das Schema schlechthin vollziehen soll, und nicht kann, in dieser unerreichbaren Aufgabe treibe zum unendlichen fortvollziehen, dessen was sie kann, des machens eines Schema. Aus dem Soll folgt wirklich und in der That in der Freiheit ein unendliches Schematisiren. Durch die Bestimmung durch das absolut unerreichbare Soll ist die Freiheit ein unendliches, nie zu erschöpfendes Vermögen. 1.) Der Begriff der Unendlichkeit ist deducirt.. Es ist dieser die Synthesis der Bejabung der absoluten Endlichkeit mit der Verneinung derselben.“ (ebd. S 140 Z 3ff; Hervorhebung von mir)

S 141 – Der Begriff der Unendlichkeit ist durch das Soll und die Freiheit ein realer Begriff des Schematisierens geworden. Er ist das Verhältnis des Nicht-Könnens und doch Sollens zum wirklichen Können und die Synthesis beider.

So liegt im Soll und Schematisieren durch Freiheit eine ständige Disjunktionseinheit in den Fakten – und zwar eine unendliche – aber das ist eine gewusste, genetisch abgeschlossene Disjunktion.

Anders gesagt: Das absolute Soll ist das Prinzip einer Spaltung des faktischen Wissens ins Unendliche (vgl. Z 29)

Wenn die Erscheinung im Sehen der Faktizität von einem vollzogenen Schema = a zu einem anderen übergeht = b, und so ins Unendliche fort, alle Glieder als solche in ihrer Endlichkeit einander eigentlich ausschließen, sind sie doch im unendlichen Übergehen und in der Einheit des Bewusstseins verbunden (apponiert). Bei jedem erscheinenden Sein der Glieder kann die Erscheinung aber sich erheben zur Anschauung der transzendentalen Bedingung der Möglichkeit des Faktums und ein neues Schematisieren erfolgt und a und b werden neu gesehen.

Diese neue Veränderung der Ansicht der Schematen, welche auch eine wahrhaftige Spaltung ist, und sich ausschliessende Zustände im Bewußtseyn bildet, wird angewendet werden können, ins unendliche fort, und so fällt denn das unendliche wieder in die Zwei oder Dreifachheit, wie wir sie bis jezt kennen, und diese mit der Unendlichkeit zusammen, u. beide Spaltungs Principe greifen ein in einander, und sind eigentlich nur Eins. 5.) Das Princip von beiden ist das soll in seiner doppelten Bedeutung; theils als absolutes, indem es durchaus in dem eigentlichen Sinne seiner Forderung keine Kausalität hat, in einem andern nicht gefoderten Sinne aber sie hat: Princip der Unendlichkeit: – „(ebd. S 142 Z 5ff)

S 142 – das Prinzip der Unendlichkeit hat Kausalität in der Freiheit oder, je nach freiem Vollzug, keine Kausalität.

Es ist ein Prinzip X einer Disjunktion in doppeltem Sinne: In Unendlichkeit und in bestimmter Vielfachheit, d. h. Fünffachheit.

S 143 – Die Erscheinung ist hier absolutes Soll. So ist das Schema auch Schema des Solls.

Das absolute Soll tritt ein in die Faktizität, das ist aber das Bild oder die Anschauung eines Gesetzes.

Wie die Erscheinung sich vollzöge, so wäre sie Anschauung eines solchen reinen Solls.

S 144 – Das absolute Soll verwandelt sich in der faktischen Form in die Anschauung eines absoluten und reinen Solls, beliebig wiederholbar innerhalb der formalen Einheit des Gesetzes (des Erscheinens).

© Franz Strasser, März 2023

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Autor: Franz Strasser

Dr. Franz Strasser