Über soziale Gerechtigkeit und Erlaubnisgesetze bei J. G. Fichte – nach K. Hammacher

Heute ist es selbstverständlich, dass von einer sozialen Verantwortung des Eigentums, der Arbeit, des Gewinns, der Ressourcen der Erde, der Umwelt, der Kultur, der Bildung u. a. Gütern die Rede ist, doch die Idee der sozialen Gerechtigkeit durch Recht durchzusetzen ist gar nicht selbstverständlich.

Ich las KLAUS HAMMACHER zum Thema „Erlaubnisgesetze“ bei KANT und FICHTE.1

1) In den „Grundlagen des Naturrechts“ von 1796 (abk.= GNR, in SW III) entfaltet Fichte den Rechtsbegriff aus Prinzipien der Vernunft, wie er sie in der GRUNDLAGE DER GESAMTEN WISSENSCHAFTSLEHRE (1794/95) ausgearbeitet hat. Er schließt auf die freie Wirksamkeit des Menschen, die rechtlich garantiert sein muss. Der zentrale Gedanke der ersten Kapiteln der Rechtsphilosophie aus dem Jahre 1796 sind Subjektivität und Interpersonalität, woraus die notwendigen Anwendungsbedingungen folgen a) eines Leibes als Sphäre der Wirksamkeit, b) eines Eigentums als freie Handlungsmöglichkeit und c) die Notwendigkeit der Kommunikabilität.(Siehe meine Blogs zur GNR – nach H. G. v. Manz)

Die mit dem Recht inhaltlich und sozial gebundene Seite des Eigentums – konkret z. B. ausgeführt in „Der geschlossene Handelsstaat“ (SW III; siehe dort besonders die Stellen 401, 421, 441ff) – darf dabei nicht vereinnahmt werden a) von sozialistischen Theorien, in denen zuerst die grundlegenden Freiheitsrechte genommen werden, um Freiheit und Eigentum als Besitz aller zu erklären; ebenso darf aber auch die Notwendigkeit eines Eigentums nicht b) von liberalistischen Staatstheorien in dem Sinne missbraucht werden, dass das Zugeständnis von Freiheit und Eigentum dem Papier nach gewährt wird, aber die konkrete Zugangsmöglichkeit zur Ausübung von Freiheit und Eigentums ist äußerst erschwert bzw. für gar nicht möglich erklärt wird. 

Der Begriff der „Erlaubnisgesetze“ kann diese Differenz zwischen missbräuchlicher sozialistischer und liberaler Rechtsordnung und doch sozialer Verpflichtung und Verantwortung des Eigentums (und anderer Güter) praktisch-logisch beschreiben und sowohl liberale Freiheitsrechte wie soziale Gerechtigkeit miteinander vereinbaren.

2) KANT hat (nach der These K. Hammachers) wesentliche Vorarbeiten zu sogenannten „Erlaubnisgesetzen“ geleistet. Die Begründung für das äußere Mein und Dein eines Besitzes in der „Metaphysik der Sitten“ (abk. = MdS) von 1797/98 geht davon aus, dass die gegenseitige Anerkennung von Personen und ihres Willens Eigentum als Besitz ermöglicht.

Konsequent hat FICHTE auf der Grundlage der metaphysischen und transzendentalen Deduktion des Rechtsbegriffes, worin die Interpersonalität konstitutiv für ein mögliches Selbstbewusstsein und ein mögliches Freiheitsrecht ist, das rechtliche „Erlaubnisgesetz“ auf die Interpersonalität zurückbezogen und es somit theoretisch und rechtlich begründet.

Ein Erwerb von etwas im Rahmen eines handlungsorientiert gesehen Eigentums beruht auf einem (geistigen) Verhältnis von Personen zueinander, wodurch in weiterer Folge jemandem etwas zugehörig gedacht und erlaubt werden kann. Es besteht eine den Besitz- und Eigentumsverhältnissen vorlaufende interpersonale und ethische Begründung, sodass andere Personen den Besitz und das Eigentum eines anderen (vorlaufend) bereits anerkennen, ehe es zu weiteren vertragstheoretischen Regeln des Eigentums kommen kann.

Hammacher weist darauf hin2, dass der Eigentumsbegriff KANTS und FICHTES sich wesentlich von unserem fetischistisch-gegenständlichen Eigentumsbegriff unterscheidet und auf einen rechtlichen Zustand bezogen ist.

Diese als rechtlicher Zustand ausformulierter „Eigentumsvertrag“ vermag deshalb hinsichtlich des rechtlichen Inhalts und der rechtlichen Begründung einer Vernunft- Kritik unterworfen zu werden.   Mit der „Rechtslehre“ von 1812 gesprochen: Ganz anders dagegen ist es, wenn der Eigenthumsvertrag einen rechtlichen Inhalt mit sich bringt. Da könnte der Titel des Besitzes einer Kritik unterworfen und gefragt werden, nicht, was besitzest du? sondern was mit Recht? und eine neue Theilung beginnen.‘ (Rechtslehre 1812, SW X, 509)

3) Kant leitete aus dem Gesellschaftsvertrag ab, dass jeder/jede stimmberechtigt ist, der/die rechtlich zugestandenes Eigentum besitzt, oder, wenn noch nicht zivilrechtlich abgesichert, aus dem prärogativen Recht eines Besitzes das nachweisen kann. (vgl. diverse Stellen zum Begriff des Eigentums in der Spätphilosophie der „Metaphysik der Sitten“ Bd VI, 269 f. 281f u. a.). 3

Kant stellt aber gleichzeitig heraus, dass ein Eigentum in diesem Sinne jeder/jede erhalten muss, wenn es zur eigentlich rechtlichen Verfassung kommen soll, da jeder Mensch nur so „eigener Herr“ (siehe ebenfalls diverse Stellen in der „Metaphysik der Sitten“ Bd. VI, 270 u. a.) sein kann bzw. die Selbstgesetzgebung ausüben kann, die ihm die Freiheit auferlegt. (Siehe z. B. auch „Streit der Fakultäten“ AA VII, 87)

4) Fichte hat jetzt konsequent aus dem Rechtsbegriff des Eigentums eine soziale Verantwortung und eine soziale Gerechtigkeit abgeleitet, weil der rechtlich gefolgerte, fixierte „Eigentumsvertrag“ bereits auf eine vorausgehende Anerkennung des anderen zurückgeht – noch ohne Rückgriff auf eine moralische Begründung und moralische Vereinnahmung des anderen.

Anders gesagt: Fichte verbindet die aristotelische austeilende“ (distributive) Gerechtigkeit mit der ausgleichenden“ (kommutative) Gerechtigkeit, insofern einerseits von einer reziproken, vertauschbaren Gleichheit zwischen den Gleichgestellten gesprochen werden muss (z. B. durch den Vermittlungswert des Geldes ausgedrückt), andererseits aber auch eine „ausgleichende“ Gerechtigkeit (Verteilung nach Anspruch, Würde oder Verdienst) verlangt ist.

Soziale Gerechtigkeit ist nach Fichte nicht eine Frage, die erst nachträglich bei der Verteilung, sei es des Besitzes, sei es des Produktes der Arbeit, einsetzt, wozu der Grund von einer außerhalb des Rechtssystems stehenden Vorstellung entlehnt werden muss, sondern soziale Gerechtigkeit liegt im Akt der Begründung des Rechtszustandes selbst.
Denn das Rechtsverhältnis ist bedingt durch die gegenseitige Anerkennung bestimmter Personen, die sich gar nicht erkennen könnten, ohne sich einen Effekt in der äußeren Welt gegenseitig zuzugestehen. Damit erkennen sie auch einander Eigentum im Sinne einer eigenen Wirksphäre für eine jede Person zu, aber so, dass auch inhaltlich bestimmt wird, was sie als einander zugeeignet anzusehen haben: „Alle zeigen Allen, und bei Leistung der Garantie dem Ganzen, als einer Gemeine an, wovon sie zu leben gedenken“ (SW II, GNR, S 214) 4

Jeder besitzt sein Eigentum „nur insofern und auf die Bedingung, dass alle (…) von dem Ihrigen leben können; und es hört auf, inwiefern sie nicht leben können (…) und wird das Eigenthum jener“ (GNR, SW III, 213)5

Hammacher weist darauf hin, dass Fichte von JACOBIS Wirtschaftslehre noch erheblich weiteren Gewinn hätte erzielen können, wenn er sie gekannt hätte. Jacobi sieht in seinen Bemerkungen zur wirtschaftlichen Ordnung, dass beim rechtlichen Vertragsabschluss die Zeitperspektive mitreflektiert werden muss. Kein Vertrag sei denkbar, ohne das Vertrauen auf eine zukünftige Erstattung des an Arbeit oder auch an Zeit Investierten. Deshalb muss es Rechtsgarantieren geben, dass z. B. der freie Commerz rechtlich abgesichert wird. Fichte hätte hier in der wirtschaftlichen Ordnung ein rechtliches Glied finden können, wie sozialtheoretisch und effektiv die Idee der Gerechtigkeit die Rechtsidee und die Idee des politischen Handelns bestimmt und begründet.

5) Jetzt ohne Zuhilfenahme von Jacobis Wirtschaftstheorie: Es  kann die Umsetzung und Anwendung einer sozialen Rechtstheorie vom Begriff der „Erlaubnisgesetze“ abgeleitet werden.

Nun sollte durch Erlaubnisgesetze nach Kant nicht nur umschrieben werden, wieweit jemandem mit Recht ein Besitz, den er ererbt, erworben oder sonstwie tatsächlich hat, zu eigen ist, sondern nach Erlaubnisgesetzen sollte zugleich der rechtliche Zustand, der allein eine Eigentumsordnung mit ihren sozialen Voraussetzungen bei allen garantierte, herbeigeführt werden. Nach Fichte sind solche sozialen Forderungen rechtmäßig nur durchzusetzen gemäß einem Gesetz, das ausdrücklich mit dem Kantischen Erlaubnisgesetz übereinstimmen soll.(vgl. GNR, SW III, 13)“ 6

In den „Erlaubnisgesetzen“ liegt der Weg zu transzendentalphilosophischen Lösungen von sozialen Problemen – konform dem Rechte nach, d. h. ausdrücklich rechtlich fixiert und sanktioniert.

Da das „Erlaubnisgesetz“ nach Fichtes Interpretation von Kant nur durch „Auslegung“ Anwendung findet, ist seine verbietende Einschränkung von der erkannten Unrechtmäßigkeit eines Rechtszustandes abhängig und wird als Bedingtheit begriffen, nach der der politisch Handelnde beurteilt werden soll.“ 7

Es liegt dabei nicht ein kategorischer Imperativ im Erlaubnisgesetz, aber aus einem erkannten Erlaubnisgesetz kann sehr wohl eine praktisch-logische und praktisch-politische, kreative Verpflichtung werden, ein soziales Gesetz einzuführen und durchzusetzen.

Hammacher erläutert die im Begriffe der „Erlaubnisgesetze“ enthaltenen Implikationen nach KANT (vgl. ebd. S 127 – 130) – und verweist im weiteren auf Windisch-Graetz und Jacobi. Bei Jacobi schließlich fällt das Wort von einer „Quelle der Bildung“, die die Religion bisher war, jetzt aber durch die „Quelle der Freiheit“ (Jacobis Werke, Bd. III, 463) abgelöst wurde; schließlich spricht er von einer allgemeinen Einsicht, welche die Gesetzmäßigkeit des politischen Handelns bestimmen kann. Er spricht auch von der „Herrschaft der Meinung“, weil der Mensch zwar nach Verwirklichung der Wahrheit strebt, aber sein Streben mit dem Zwang nach Veräußerlichung verbunden ist, wodurch der Mensch Begriffe und Vorstellungszusammenhänge für die wahren Lebensbedürfnisse nimmt.

Die öffentliche Meinung ist zwar eine gefährliche Sache, aber nach Hammacher hat Jacobi damit erfasst, was heute die Soziologie als die reale Macht identitätsverbürgender Weltbilder ansieht. „Damit hat er aber bereits ein anthropologisch angemessenes Erklärungsprinzip aufgestellt, das Luhmann heute mühsam aus den empirischen Sozialwissenschaften gewinnt,(….)“ 8 Er hat sie erfasst durch die Unterscheidung der Evidenz von der  Erfahrung. Diese Evidenz liegt in dem gemeinsamen Vorteil, der verstandesgemäß ausgemacht werden kann.(Leider ist eine öffentliche Meinung nicht immer realitätsverbürgend und verstandesgemäß. Sie kann gleichfalls höchst prekär und falsch als „fake“ formuliert sein.)

Infolge seines sporadischen, aphoristischen Denkens kam Jacobi nicht mehr zu einem methodisch-konsequenten Vorgehen, wie ein politisches Handeln nach dieser allgemeinen Einsicht, kombiniert mit einer Vertragstheorie gemeinsamen Vorteils, umgesetzt werden könnte. Immerhin hat er aber dieses in der verstandlichen Evidenz begründet und durch Vertragstheorie mit einem Zeitbezug (eines gesicherten Gerechtigkeitsstreben) in einer rechtlichen Theorie schon gefasst, ohne auf eine moralische Argumentation zurückgreifen zu müssen. Es kann ein allgemeiner Vorteil nach einem Gesetz der Gerechtigkeit erkannt werden, der rechtlich verbindlich ist.

6) Fichte sollte es sein, der dieses sozial bezogene Rechtsdenken, d. h. die Idee der Gerechtigkeit rechtlich angewandt, mit dem Begriff der „Erlaubnisgesetze“ tiefer begründen und erfassen wird.

Es gibt also eine Kategorie von Imperativen, die nicht auf einen ethischen Anspruch zurückgeht. Ein solcher liegt nach Fichte in der Aufforderung, den Anderen als Vernunftwesen anzuerkennen, die ein jeder bereits vollzogen haben muss, um überhaupt Mensch sein zu können: „Der Mensch […] wird nur unter Menschen ein Mensch“ (SW III, GNR 39), „denn nur dadurch, dass er auf zweckmäßig geordnete Gegenstände stößt, die ihren Zweck auf Grund seiner Einwirkung ändern (…)“, so  erfährt er sich als intelligentes Wesen, das über Gegenstände im Denken zweckmäßig verfügen kann.

Damit räumt aber ein jeder dem Anderen eine Sphäre der Wirksamkeit ein und fordert ihn auf, das Gleiche anzuerkennen. Diese Anerkennung besteht bereits im Handeln selbst, denn nur Handeln ist ein solches gemeingültiges Anerkennen“(ebd. GNR, S 47)9

K. HAMMACHER führt noch weiter aus, was die ganze Absicht seiner Argumentation in diesem Artikel und in vielen Veröffentlichungen von ihm ist: Durch die sogenannten „Erlaubnisgesetze“ ist ein Begriff des Handelns bestimmt, der logisch-praktisch aus der Anerkennung des Anderen hervorgeht – und deshalb auch eine logische Kontrolle des Handelns für das soziale Recht und einen Übergang zum politischen und sozial-kreativen Handeln erlaubt. M. a. W., die Idee der Gerechtigkeit liegt logisch bereits im Recht enthalten, transzendental in der Anerkennung des Anderen, und muss nicht erst über moralische Appelle oder erst durch Gewalt durchgesetzt werden.10

Kant hatte eine Ethik der Freiheit geschaffen in dem moralischen Bereich der reinen praktischen Vernunft. Er schuf, in der Auslegung von G. Römpp gesprochen, nicht direkt ein Rechts- und Gerechtigkeitslehre, weil es ihm primär um Begründung der Moralität in und aus Freiheit ging mit dieser sehr feinsinnigen Argumentation, dass das Vernunftwesen sowohl dem sinnlichen wie intelligiblen Bereich angehört und sich primär im Wollen selbst verpflichten muss. Dies führt zwar zur Darstellung eines Rechtsbegriffes und eines Tugendbegriffes, aber damit war nur ein begriffslogischer Übergang gelegt, eine begriffliche Beschreibung – ohne zur expliziten Analyse der Handlung dieses moralischen Denkens selber übergehen zu wollen.11

Für Fichte trat hingegen die Handlung selbst in die Mitte und wurde zum moralischen Begriff der Analyse.

Erlaubnisgesetze sind nicht geboten und können nicht geboten sein, weil sie aufgefunden werden müssen. Ihre Begründung durch das Rechtsgesetz (sc. als kontrollierbare Wechselwirkung zwischen vernünftigen Wesen) macht aber, wenn eine solche vor liegt, die Aufhebung entgegenstehender Ordnungen nötig. Aber diese ist nur durchzusetzen durch den Nachweis der praktischen Annahme im Urteil eines jeden.“12

© Franz Strasser, 7. 9. 2021

1Literatur: K. Hammacher, Über Erlaubnisgesetze und die Idee sozialer Gerechtigkeit. In: Transzendentale Theorie und Praxis. Zugänge zu Fichte. Fichte-Studien. Supplementa, Amsterdam-Atlanta, 1996, 117-138. Kant, MdS, Ausgabe Weischedel, Bd. VIII, 19782, 329. „Eine Handlung, die weder geboten noch verboten ist, ist bloß erlaubt, weil es in Ansehung ihrer gar kein die Freiheit (Befugnis) einschränkendes Gesetz und also auch keine Pflicht gibt. Eine solche Handlung heißt sittlich-gleichgültig ( indifferens, adiaphoron, res merae facultatis). Man kann fragen: ob es dergleichen gebe, und, wenn es solche gibt, ob dazu, daß es jemanden freistehe, etwas nach seinem Belieben zu tun oder zu lassen, außer dem Gebotgesetze ( lex praeceptiva, lex mandati) und dem Verbotgesetze ( lex prohibitiva, lex vetiti) noch ein Erlaubnisgesetz ( lex permissiva) erforderlich sei. Wenn dieses ist, so würde die Befugnis nicht allemal eine gleichgültige Handlung ( adiaphoron) betreffen; denn zu einer solchen, wenn man sie nach sittlichen Gesetzen betrachtet, würde kein besonderes Gesetz erfordert werden.

2K. Hammacher, Über Erlaubnisgesetze und die Idee sozialer Gerechtigkeit. Siehe Anm. 1, S 122.

3Vgl. ebd., S 123. Die angegebenen Stellen zu KANT siehe ebenfalls dort bei Hammacher.

4K. Hammacher, ebd. S 124

5Vgl. ebd. S 124.

6K. Hammacher, ebd. S 126.127.

7K. Hammacher, ebd. S 127. Hervorhebung von mir. Das Unrecht wird gleichzeitig mit der Erlaubnis zu etwas miterkannt. Das ist eine höchst kreative, zeitbezogene Auslegung eines Gesetzes, was ausdrücklich erlaubt sein kann, und was nicht mehr erlaubt sein kann z. B. bei einer Umweltkrise.

8Ebd. S 130.

9K. Hammacher, ebd. S 133.

10Besonders umfassend zur Idee der Gerechtigkeit und zum Gesellschaftsvertrag und generell zur Vertragstheorie aus verhaltensspezifischer Sicht legt das K. Hammachers im Buch „Rechtliches Verhalten und die Idee der Gerechtigkeit, Baden-Baden 2011, dar. Eine Fundgrube der Rechtsphilosophie!

11Ich meine Georg Römpp, Kant leicht gemacht, Köln 20052.

Der Kantische Satz vom Recht, das die Freiheit des einen mit der Freiheit des anderen vereinigt, erschließt sich nur aus der Verbindung von Moral- und Rechtsphilosophie. Wenn wir die Freiheit des einen beschränken und dies nur aufgrund seines,wahren‘ Wollens tun dürfen, d. h. aufgrund eines Wollens, das seinen Begriff ganz erfüllt, so tun wir es in Einklang mit seiner Freiheit, die sich nur in seinem Wollen manifestiert. Dieses freie und nur so seinen Begriff erfüllende Wollen aber zeigt sich in der vernünftigen, d. h. verallgemeinerungsfähigen Maximenbestimmung. Damit kehrt der Grundgedanke der Kantischen Ethik in dem wieder, was wir nur mit Vorsicht als Kants Rechtsphilosophie bezeichnen sollten. Der Satz vom Recht, das die Freiheit des einen mit der Freiheit des anderen vereinigen können soll, bezieht sich demnach keinesfalls auf die äußere Freiheit im Sinne von Handlungsfreiheit – dafür kann Kant aufgrund seines ausschließlich ethisch gegründeten Freiheitsbegriffs überhaupt keinen Begriff entwickeln. Der Satz vom Recht muss sich diesem Begriff von Freiheit zufolge offenbar auf die Vereinbarkeit von inneren Freiheiten beziehen. Dieses Problem der rechtli-chen Wirklichkeit von Freiheit muss im Rahmen einer Konzeption notwendig entstehen, der zufolge sich die Freiheit nur in vernünftigen und d. h. verallgemeinerungsfähigen Handlungsmaximen zeigen kann. Wir können Kants Rechtsphilosophie also zunächst als den Versuch auffassen, die Tragik aufzulösen, die aus der Spannung zwischen ethischer (noumenaler) Freiheit und (phaenomenaler) Freiheit in der Welt entsteht.“ (ebd. S 246.247)

12K. Hammacher, ebd. S 137.

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Autor: Franz Strasser

Dr. Franz Strasser