In der 2. Auflage B der KrV gibt KANT eingangs eine nominale Definition, was transzendentale Erkenntnisart sei: „Ich nenne alle Erkenntniß transscendental, die sich nicht sowohl mit Gegenständen, sondern mit unserer Erkenntnißart von Gegenständen, so fern (Hervorhebung von mir) diese a priori möglich sein soll, überhaupt beschäftigt.“ (KrV, B 25)1
Das Problem, wie schon in einem anderen Blog angesprochen, liegt in dem „so fern“, weil KANT den transzendental-kategoriale Gebrauch der Verstandesbegriffe und der Anschauungsformen, mithin die ganze transzendentale Erkenntnisart, auf die Gegenstände eines „so fern“, mithin auf eine Relation sinnlich, gegenständlicher Erfahrung einschränkt und davon bedingt sein lässt. Die Einheit einer Apperzeption, mithin die Einheit von Anschauung und Begriff, sind in der „transzendentalen Erkenntnisart“ und in der später definierten „transzendentalen Apperzeption“ (KrV B 132/133) zwar richtig angesetzt, aber leider dann auf die sinnliche Anschauung und sinnliche Erfahrung beschränkt. FICHTE führt einerseits diesen prinzipiellen Ansatz einer transzendentalen Erkenntnisart weiter, aber weicht in der Methode, der Systematik und einzelnen Bestimmungen wesentlich von KANT ab, sodass er zu einer höheren Einheit als der theoretischen Apperzeption des „Ich denke“ gelangt, zu einem Setzungsmodus, der Anschauung und Begriff in einem Setzungs- und Erkenntnisakt hervorgehen lässt.
Meine einfache kritische Anfrage und These lautet schlicht: Durch die auf die sinnliche Erfahrung eingeschränkende Bedingung „so fern“ kann KANT diese sog. „transzendentale Erkenntnisart“ für sich selbst nicht mehr in ihrem Wahrheitsgehalt und in ihrer Gültigkeit einsehen, sondern muss zur Demonstration seiner Vorgehensweise und zum Beweis der Gültigkeit seiner Aussagen auf die sinnliche Anschauung verweisen.
Kein Wunder sozusagen, dass zur Rechtfertigung der Richtigkeit und Gültigkeit der transzendentalen Erkenntnisart, wie sie zumindest in der KrV dargestellt ist, die Verdeutlichung in den „Prolegomena“ (1783) nachgereicht werden musste! Die §§ 57 – 60 befassen sich mit der Grenzbestimmung der reinen Vernunft. Nebenbei taucht zusätzlich zu den Erscheinungen der Dinge das „Ding an sich“ als ungelöstes Problem wieder auf. Ebenso dienen auch die „Metaphysischen Anfangsgründe der Naturwissenschaft“ (1786) der Erklärung der KrV und ihres Erkenntnisbegriffes.
Die „Grundlegung zur Metaphysik der Sitten“ (abk.=GzMdS; 1785) und die „Kritik der praktischen Vernunft“ (1788) gehen über diese sinnlichen Grenzen hinaus, aber deren Freiheitsbegriff kann dann doch nicht mit der KrV in der Erscheinung und für die Erscheinung kompatibilisiert werden.
Anhand der Kategorie der Modalität (als Beispiel) möchte ich die erkenntnistheoretischen Fragestellungen an KANT mittels der höheren Erkenntnisprinzipien der WLn FICHTES überprüfen.
1) Die modaltheoretische Position KANTS in der KrV kann so zusammengefasst werden: Das „so fern“ KANTS lässt die Entscheidbarkeit der Gültigkeit der Kategorien und Anschauungsformen von der sinnlichen Anschauung abhängen. Er hat aber damit bereits disjunktiv einen Standpunkt gewählt, der abstrakt außerhalb des wirklichen Existenzvollzuges des Ichs in seinen notwendigen Vernunfthandlungen liegt – und hat somit von vornherein Verstandessphäre und Anschauungsebene als relativ unverbunden nebeneinandergesetzt. Der Standpunkt des existentiellen und wirklichen Erkenntnis- und Wissensvollzugs bleibt im Dunkeln. Das Verfahren des Schematismus, eine geniale Geschichte!, überträgt die Kategorien auf die Anschauungsformen und leistet eine gewisse Rechtfertigung der transzendentalen Erkenntnisart – aber wiederum betreffen diese Anwendungsbedingungen nur eine formale Ontologie sinnlicher und äußerer Gegenstände. Die Schemata (Anwendungsbedingungen) beschreiben, wie einem Gegenstand Quantität und Qualität zukommen, wie es ferner zu einer Erfahrung durch Relationsbegriffe kommt, und wie schließlich alles der Modalität nach als möglich, wirklich, zufällig oder notwendig bestimmt wird. Diese Schematisierung der Kategorien auf die sinnlichen Wirklichkeitsbereiche muss aber ein blindes Verfahren bleiben, weil die Kategorien in ihrer behaupteten Synthesis mit dem äußeren Gegenstand nur faktisch festgestellt werden – und nicht selbst qua Vernunfterkenntnis und innerer Anschauung begriffen und verstanden werden. Da heißt es dann, bei sonstiger Schärfe und Genauigkeit KANTS, dass die Kategorien auf die „Realität“ übertragen werden (siehe dort im Schematismuskapitel). Ja, das wäre halt die Frage, wie? Und warum wird nicht die Aufgabe durchgezogen, Übertragung und Anwendung auf die Anschauungsformen – und nicht auf die Realität?
Nebenbei hier gesagt: diesen Disjunktionsstandpunkt KANTS teilen alle „Differenzdenker“ wie z. B. Luhmann oder Derrida. Als Beispiel: Bei Luhmann wird die Disjunktion eines differenzorientierten Denkens mit der Absicht getroffen, die sozialen System in ihrem Funktionieren zu erklären und zu verstehen. Ein soziales System z. B. der Wirtschaft, des Rechts, der Politik, der Religion usw. wird durch und nach einem Disjunktionspunkt der Unterscheidung analysiert und in bestimmten Komplexitätsstufen und Erwartungsstufen aufgelöst, solange, bis durch kommunikative Lösungsstrategien ein Problem oder eine Erwartung halbwegs erträglich gelöst und beruhigt werden können. Die Systemtheorie mittels Differenz-Denken und Differenz-Begriff ist sozusagen die „transzendentale Apperzeption“, die synthetisch den analysierenden Vorgang begleitet und alle mannigfaltigen Erkenntnisse zusammenlaufen lässt in einem faktischen Wissen, wie alles zusammenhängt und funktioniert. Tatsächlich kommt die Beobachtung der psychischen und sozialen Systeme mittels dieser irgendwie staunenswerten, systemtheoretischen Begrifflichkeit und Form zu ansehnlichen, zufällig gut getroffenen und assoziativen Beschreibungen. Aber welche Beschreibungen sind es letztlich? Sie müssten genauso erkenntnistheoretische hinterfragt und legitimiert werden. Auf welches Ziel gehen die Erwartungshaltungen und zielen die kommunikativen Lösungsstrategien? Wann ist die Reduktion der Komplexität zu Ende? Welche Evidenz ist dann zu erwarten?
2) Die Grundsätze des Verstandes in der Kategorie der Modalität führen bei KANT bekanntlich zu „Postulaten des empirischen Denkens“ und bestimmen nichts am Objekte selbst, sondern nur dessen Verhältnis zum Erkenntnisvermögen. (KrV A 218.219). Ja, wenn es tatsächlich dieses Verhältnis wäre! Aber KANT überspringt den existentiellen Ursprungs- und Wissensakt und beginnt immer schon auf einer abstrakten, disjunktiven Ebene, worin sich Verstandessphäre und Anschauungsphäre unverträglich gegenüberstehen. Im einzelnen ist ein dreigliedriger Aufbau vorgesehen: Synthesis der Apprehension, Synthesis der Einbildungskraft und Synthesis der Apperzeption. 2
Die Postulate des empirischen Denkens heißen wie folgt
1. Was mit den formalen Bedingungen der Erfahrung (der Anschauung und den Begriffen nach) übereinkommt, ist möglich.
2. Was mit den materialen Bedingungen der Erfahrung (der Empfindung) zusammenhängt, ist wirklich.
3. Dessen Zusammenhang mit dem Wirklichen nach allgemeinen Bedingungen der Erfahrung bestimmt ist, ist (existirt) nothwendig. || (KrV A 218/B 265)
Das macht auf der Ebene der Beobachtung durchaus einen Sinn, aber den transzendentalen Wissensbedingungen nach ist alles schon realistisch/idealistisch (dogmatisch) disjungiert und festgesetzt. Der „Grund der Erfahrung“ ist transzendental-reflexiv und transzendental-kategorial nicht mehr eingeholt.
3) FICHTE fragt jetzt nochmals genauer nach den Bedingungen der Wissbarkeit der Erfahrung. Die Relationskategorien (Substantialität, Kausalität und Wechselwirkung), die nach KANT die Erfahrung ermöglichen, sie müssen nach FICHTE wiederum aus einem höheren Setzungsverhältnis und einer höheren Reflexion abgeleitet und einzeln für sich und untereinander zusammengefasst werden können. Damit wird aber auch der Kategorie der Modalität eine erkenntniskonstitutive Reflexion und Konstitution in der verobjektivierten Anschauung der Wirklichkeit zugesprochen, denn der Erkenntnis- und Reflexionsakt formt die Modalität mit, ob etwas notwendig oder zufällig oder möglich oder wirklich ist. Bei Kant oben hieß es noch, die Modalität ändert nichts am Objekt.
4) FICHTE geht von einer dynamischen Konzeption von Wirklichkeit aus, wie sich anhand des Zeitworts „setzen“ deutlich zeigen lässt. Im Setzungsakt des Ichs (des Selbstbewusstseins) liegen verschiedene Weisen des Setzens, implikationslogische und appositionelle und initiatorisch-interpersonale Setzungsweisen, alle aber sind sie untereinander zusammenhängend und „verwandt“ durch das Moment der Reflexivität des Sich-Wissens und Sich-Bildens. „Denn in die reflexive Setzungsweise geht die Behauptung der Gültigkeit der Annahme ein, dass das in Reflexion Genommene identisch ist mit dem, was es zu reflektieren gilt. Für diese Behauptung wird aber Wahrheit beansprucht. Es ist wahr, dass diese beiden Elemente identisch sind, so spricht sich das Wissen aus.“ (Wolfgang Schüler, Grundlegung der Mathematik, 1983, S 91)
Die Methode in diesem Setzungsakt von Anschauung und Begriff zugleich ist sehr diffizil und scharfsichtig, aber durchaus diskursiv nachvollziehbar – und stets wahrnehmungs- und erfahrungsbezogen. Die einzelnen Bestimmungen des realen oder idealen Gegenstandes werden nicht sogleich als Gegenstandsbestimmungen ausgeführt (nach dem Schema der apriorischen Anschauungsbedingungen und der kategorialen, apriorischen Begriffe), vielmehr sind alle Bestimmungen innerhalb eines ichhaften Verhältnisses des „Anstoßes“ (einer Hemmung oder einer personalen Aufforderung) gesetzt, und innerhalb dieser Form der Reflexion und des Zweckbegriffs wird die Erscheinung und Objektivierung eines gegenständlichen Seins aufgebaut. Diese Objektivierung ist nicht faktisch aufgelesen oder abgelesen, sondern genetisch gebildet, ohne realistische oder idealistische Voreingenommenheit. Es ergibt sich, oft in allen WLn angesprochen, das System fünffachen Wissens – und dazu wäre zu ergänzen, geschichtliches Wissen und die oberste Sinn-Idee.
Aus modaler Notwendigkeit einer absoluten Begründung und Rechtfertigung fließen theoretisch-sinnliche wie praktisch-sittliche und absolute Bestimmungen, wenn analog zu Kant gesprochen werden sollte, in den „Schematismus der reinen Verstandesbegriffe“ (KrV B 176ff; A 137ff, 187) mitein. Die Formen der Grundsätze des Verstandes, wie sie Kant formulierte als Axiome der Anschauung, Antizipationen der Wahrnehmung, Analogien der Erfahrung, Postulate des Denkens – sie haben auf der faktischen Ebene der sinnlich vorausgesetzten Natur durchaus einen Sinn, aber sind nur faktisch beweisbar; S. Maimon hat deshalb diese apriorischen Anschauungen skeptisiert; Fichte explizierte aus dem Setzungs- und Erkenntnismodus den „Schematismus der reinen Verstandesbegriffe“ genetisch-einschaubar.
Anders gesagt und oben schon kurz angesprochen: In der KrV KANTS ist die Mannigfaltigkeit in den Anschauungen einfach gegeben – und durch die kategorial-apperzeptive Subsumtion der Mannigfaltigkeit unter die Verstandesbegriffe wird sie zur Einheit gefasst. In der transzendental-apperzeptiven Zeitbestimmung FICHTES ist die Mannigfaltigkeit der Empfindung nicht einfach gegeben, sondern a) notwendig im Konkretionsakt und Reflexionsakt der Bestimmung von Qualitäten gesetzt, d. h. die Mannigfaltigkeit liegt im Sehen selbst begründet (nicht ontologisch, aber reflexiv-semantisch) und sie wird b) durch die appositionelle Zeitsynthesis im übergehenden Willen zu einem zusammenhängenden Ganzen der Erfahrung zusammengestellt nach kategorischem und teleologischem Muster und einer transzendentalen Sinnidee.
Der auf das Nicht-Ich übertragene Begriff einer substantiellen Realität ist ein implikationslogischer und ein appositioneller Begriff, ist Vorstellung, nicht Anschauung an sich. Das vorstellende Ich setzt das Nicht-Ich in sich und insofern als einen bestimmten Teil; aber es setzt damit zugleich das Nicht-Ich per hiatum voraus als einen bestimmten Teil einer unbestimmten Größe, nämlich in einer Gesamtsphäre, die Ich und! Nicht-Ich umfasst – in einer absolut stehenden Anschauung. Abgeleitet und reflexiv-bewusst trägt das Nicht-Ich durch Übertragung eine Substantialität und Kausalität (als Qualitäten) und Wechselwirkung an sich. Es kann im weiteren Bestimmungsprozess aber nicht nur reflexiv ein Nicht-Ich angesetzt (gedacht) werden, sondern die Notwendigkeit ist gegeben, das Nicht-Ich in seiner notwendigen Eigenrealität gegenüber der Realität des Ichs ständig und alternativlos als Substrat anzusetzen. Eine Substanz wiederum ist damit gar nicht als Fixiertes zu denken, sondern als etwas, das zwischen sich aufhebenden Qualitäten eintritt und sie zusammenhält. Die Vermittlung zwischen beiden Auffassungen ergibt wiederum den Begriff der Ursache, durch den die einander aufhebenden Qualitäten als Effekte einer! höheren Einheit (der Kausalität) verstanden werden. Der Grund dieser objektiven Verwendung und Anwendung der Erfahrungskategorien (Substantialität und Kausalität und Wechselwirkung) ist aber damit nicht bloß faktisch festgestellt, sondern aus der Möglichkeit eines Sich-Wissens und Sich-Bestimmens durch einen Zweckbegriff abgeleitet.
Obwohl die nichtichliche Ursache im wirklichen Bewusstsein stets notwendig angesetzt wird, ist sie damit nicht als notwendiger Grund an sich angesetzt – ein Punkt, worüber die Materialisten stolpern. Die wirkende und wirkliche Ursache ist als kontingent Wirkendes angesetzt. Die Wirkungen – z. B. naturale Wirkungen, gesellschaftliche Wirkungen – sind aus dem Ich auf das Nicht-Ich übertragene Erscheinungen. Der nur gedachte, kontingente Zusammenhang der Akzidenzien in einer Substanz (oder in plurali formuliert, in mehreren Substanzen) wird nach dem Modus von Ursache und Wirkung bedingt erklärt.
Naturphilosophisch im transzendentalen Sinne kann das weiter analysiert werden: Ich und Nicht-Ich greifen nicht als Substanzen, sondern nur als von einander unabhängige Ursachen kontingent ineinander durch kategorial gedachte Wechselwirkung. Diese Wechselwirkung ist bedingt notwendig. Wenn es nämlich zu einem wirklichen Bewusstsein kommen soll, muss die gesamte Natur unter eine Idee, nämlich Zwecke zu realisieren, stehen. „Die Erkenntnisbedingungen sind auch die der Gegenstände selbst“ (Kant, KrV, A 158) – so die intuitiv richtige Erkenntnis bei Kant; von S. Maimon skeptisiert; von Fichte bewiesen, weil sie durch die reflektierende Urteilskraft und durch Freiheit in einem eminent praktischen Wert- und Sinnzusammenhang gesetzt sind.3
4) KANT will in der KdU ein intelligibles Substrat einer die theoretische und praktische Vernunft umfassenden, gemeinsamen Vernunft freilegen – durch den Zweckbegriff – aber es blieb die systematische Bedeutung des Zweckbegriffes unterbestimmt. Wie und warum sollte der Zweckbegriff ein konstitutives Erkenntnisprinzip sein, wenn seine Geltungsform doch nicht reflexiv begründet werden kann?
Es ist bei KANT in der GzMdS und in der KpV genial der Begriff einer transzendentalen Freiheit eingeführt – aber gerade der Gegensatz zur sinnlichen Natur und der Gegensatz zu einem sinnlichen Begehren und die Abwertung eines materialen Gehaltes des affizierten Willens wird behauptet, anstatt umgekehrt die Gefühle selbst als Vorstufe sittlicher Willenserscheinungen zu bestimmen.
Das alles offenbart wiederum die auf der Ebene der KrV modaltheoretische Disjunktion zwischen Denken und Sein, die sich hier ethisch auswirkt: Die oberste Bedingung des reinen Willens (ein formaler Begriff des guten Willens) kann nicht, ja darf nicht mit einer sinnlichen Vorstellung (Anschauung) der Sittlichkeit vereinbar sein.
Ich bringe ein Zitat aus KpV A 71, um das apriorische Alleinstellungsmerkmal der obersten Sittlichkeitsbedingung zu beschreiben, das aber für sich gerade nicht zu einem materialen Sollen und Wollen überleiten kann und darf! Das ist m. E. ein doppelter Widerspruch, weil a) einmal die apriorische Erkennbarkeit einer anscheinend möglichen sittlichen Erfahrung nie relational mit einer sinnlichen Erfahrung zusammengehen kann – woher Kant das weiß? – und umgekehrt b) eine konkrete sinnliche Erfahrung, wenn ich einen realistischen Einheitsbegriff der Erfahrung dogmatisch voraussetzen will, nicht zu einem sittlichen Begriff überleiten darf. Was kann dann noch eine oberste, apriorische Bedingung der Möglichkeit einer sittlichen Erfahrung heißen? Wie kann ich sie erkennen, wenn sie nicht sinnlich sein kann und nicht sinnliche sein darf?
„(…) weil materiale Principien zum obersten Sittengesetz ganz untauglich sind (wie bewiesen worden), das formale praktische Princip der reinen Vernunft, nach welchem die bloße Form einer durch unsere Maximen möglichen allgemeinen Gesetzgebung den obersten und unmittelbaren Bestimmungsgrund des Willens ausmachen muß, das einzige mögliche sei, welches zu kategorischen Imperativen, d.i. praktischen Gesetzen (welche Handlungen zur Pflicht machen), und überhaupt zum Princip der Sittlichkeit sowohl in der Beurtheilung, als auch der Anwendung auf den menschlichen Willen in Bestimmung desselben tauglich ist.“ (Hervorhebung von mir)
(c) Franz Strasser, August 2013
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1Es ist nochmals ein eigenes Problem, wenn KANT unter „transzendentaler Erkenntnisart“ in der Auflage B (1787) bereits etwas anderes versteht als in der Auflage A (1781) Die oben zitierte Stelle der 2. Auflage B 25 inkludiert ausdrücklich die mögliche Erfahrung als Gültigkeitskriterium. Die 1. Auflage der KrV spricht von „Begriffen a priori von Gegenständen überhaupt“ (KrV A 11) und lässt m. E. eine weitere, d. h. synthetisch-apriorische Interpretation zu als das restriktive Moment der „möglichen Erfahrung“.
2Die empirische Apprehension beschreibt KANT wie folgt: § 26, KrV B 160 „Zuvörderst merke ich an, daß ich unter der Synthesis der Apprehension die Zusammensetzung des Mannigfaltigen in einer (reinen) empirischen Anschauung verstehe, dadurch Wahrnehmung, d.i. empirisches Bewußtsein derselben (als Erscheinung), möglich wird.
3Soweit zur Modalitätsdarstellung nach den Prinzipien der WL. Zur genaueren Darstellung siehe dort: R. LAUTH, Naturlehre, Hamburg 1984, S 47ff.