Transzendentales Denken nach KANT und FICHTE

In der 2. Auflage B der KrV gibt KANT eingangs eine nominale Definition, was transzendentale Erkenntnisart sei: „Ich nenne alle Erkenntniß transscendental, die sich nicht sowohl mit Gegenständen, sondern mit unserer Erkenntnißart von Gegenständen, so fern (Hervorhebung von mir) diese a priori möglich sein soll, überhaupt beschäftigt.“ (KrV, B 25)1

Das Problem, wie schon in einem anderen Blog angesprochen, liegt in dem „so fern“, weil KANT den transzendental-kategoriale Gebrauch der Verstandesbegriffe und der Anschauungsformen, mithin die ganze transzendentale Erkenntnisart,  auf die Gegenstände eines „so fern“, mithin auf eine Relation sinnlich, gegenständlicher und zeitlicher Erfahrung einschränkt und davon bedingt sein lässt. Die Einheit einer Apperzeption, mithin die Einheit von Anschauung und Begriff, sind in der „transzendentalen Erkenntnisart“ und in der später definierten „transzendentalen Apperzeption“ (KrV B 132/133) zwar richtig angesetzt, aber leider relativ und  zeitlich  beschränkt. 

FICHTE führt einerseits diesen prinzipiellen Ansatz einer transzendentalen Erkenntnisart weiter, aber, mit R. Lauth gesprochen, „Mit Fichte hat die Philosophie zugleich a) ihr Objekt und b) ihre Methode gefunden, c) ihre Durchführung erfahren und d) ihre Rechtfertigung vollzogen“. (R. Lauth, Zur Idee der Transzendentalphilosphie, 1965, S. 44) .

Meine einfache kritische Anfrage und These lautet schlicht:  Durch die auf die sinnliche Erfahrung eingeschränkende Bedingung „so fern“ kann KANT diese sog. „transzendentale Erkenntnisart“ für sich selbst nicht mehr in ihrem Wahrheitsgehalt und in ihrer Gültigkeit einsehen, sondern muss zur Demonstration seiner Vorgehensweise und zum Beweis der Gültigkeit seiner Aussagen auf die sinnliche und zeitliche  Anschauung verweisen. Dies ist natürlich schon viel genauer und begrifflich schärfer als jede  empiristische Erklärungsart, die im Grunde gar nichts erklären kann, sofern sie nicht weiß, woher sie die Begriffe hat.  Die empiristische Erklärungsart bewegt sich ständig im Zirkel. 

Es verwickelt sich allerdings KANT durch seinen sinnlichen (zeitlichen) Prüfstein der apriorischen Anschauungsformen und apriorischen Erkenntnisbegriffe in unnötige Erklärungen und Schwierigkeiten. Er muss immer wieder gegen Missverständnisse  neue Interpretationen und  Anwendungen nachreichen – siehe z. B. die „Prolegomena“ (1783), §§ 57 – 60.
Bei Gelegenheit taucht auch das ungerufene  „Ding an sich“ als  ungelöstes Problem wieder auf. Die nochmals auf die KrV folgenden „Metaphysischen Anfangsgründe der Naturwissenschaft“ (MAN AA 04, 1786) sind in gewissem Sinne notwendig gewordene Erläuterungen  des Erkenntnisbegriffes der KrV. 

In der „Grundlegung zur Metaphysik der Sitten“ (abk.=GzMdS; 1785) und in der „Kritik der praktischen Vernunft“ (1788) muss allerdings über diese sinnlichen Grenzen hinausgegangen werden. Aber wie kann und soll der (moralische) Freiheitsbegriff  in der Erscheinung und für die Erscheinung eingesehen und realisiert werden, wenn doch die KrV gewisse Grenzen der Erkenntnis aufgezeigt hat? 

Anhand der Kategorie der Modalität (als Beispiel) möchte ich  dieses Problem ansprechen:

1) Die modaltheoretische Position kann etwa so zusammengefasst werden: Das „so fern“ KANTS lässt die Entscheidbarkeit der Gültigkeit der Kategorien und Anschauungsformen von der sinnlichen und zeitlichen Anschauung abhängen. Er hat aber damit bereits disjunktiv einen Standpunkt gewählt, der außerhalb des wirklichen Existenzvollzuges des Ichs in seinen notwendigen Vernunfthandlungen liegt – und  hat somit von vornherein Verstandessphäre und Anschauungsebene als relativ unverbunden nebeneinandergesetzt. Der Standpunkt des existentiellen und bildenden und werthaften Erkenntnis- und Wissensvollzugs bleibt im Dunkeln. Das Verfahren des Schematismus bei Kant –  eine geniale Geschichte –  überträgt die Kategorien auf die Anschauungsformen und  leistet eine gewisse faktische Rechtfertigung der transzendentalen Erkenntnisart. Wiederum betreffen diese Anwendungsbedingungen aber nur eine formale Ontologie sinnlicher und äußerer Gegenstände. Die Schemata (Anwendungsbedingungen) beschreiben zwar, wie einem Gegenstand Quantität und Qualität zukommen, wie  aber reflexiv durch die Relationskategorien und Reflexionsideen (Bewegung, Zweck, Organisation) es zu einer Erfahrung kommen kann  und wie schließlich alles der Modalität nach als möglich, wirklich, zufällig oder notwendig bestimmt werden kann, das alles entfällt bei Kant.
Die Schematisierung der Kategorien auf die sinnlichen Wirklichkeitsbereiche bleibt  im Grunde ein blindes Verfahren, weil die Kategorien in ihrer behaupteten Synthesis mit dem äußeren Gegenstand nur faktisch behauptet und festgestellt werden, aber ohne den dahinterliegenden, dynamischen Relationskategorien (Substantialität, Wirksamkeit, Wechselwirkung) und den Modalitätskategorien Rechnung zu tragen.  Da heißt es dann, bei sonstiger Schärfe und Genauigkeit KANTS,  dass die Kategorien auf die „Realität“ übertragen werden (siehe dort im Schematismuskapitel). Soll die „Realität“ die Wahrheit der Kategorien begründen?  Warum wird nicht die Aufgabe durchgezogen, Übertragung und Anwendung auf die Anschauungsformen – und nicht auf die Realität – zu leisten?  Warum aber auf die Anschauungsformen? Weil im Vollzug, im Formieren und Bilden, im Disjunktionspunkt von Sein und Begreifen – Fichte nennt es „Setzen“ – eine willentliche und werthafte Vernunfteinheit liegt, aus der sowohl theoretische wir praktische Vernunft hervorgehen. 

Nebenbei hier gesagt: den faktischen Disjunktionsstandpunkt KANTS teilen alle „Differenzdenker“ wie z. B. Luhmann oder Derrida. Als Beispiel: Bei Luhmann wird die Disjunktion eines differenzorientierten Denkens mit der Absicht getroffen, die sozialen Systeme in ihrem Funktionieren zu erklären und zu verstehen. Ein soziales System z. B. der Wirtschaft, des Rechts, der Politik, der Religion usw. wird durch und nach einem Disjunktionspunkt der Unterscheidung analysiert und in bestimmten Komplexitätsstufen und Erwartungsstufen aufgelöst, solange,  bis durch kommunikative Lösungsstrategien ein Problem oder eine Erwartung halbwegs erträglich gelöst und beruhigt werden kann.  Die Systemtheorie von N. Luhmann mittels Differenz-Denken und Differenz-Begriff  ist sozusagen, analog gesprochen,  die „transzendentale Apperzeption“, die synthetisch den analysierenden, differenzierenden Erkenntnis-Vorgang begleitet und alle mannigfaltigen Erkenntnisse zusammenlaufen lässt in einem faktischen Wissen, worin alles  kommunikativ und  erwartungsorientiert (schematisiert)  funktioniert und aufgelöst werden kann.  Tatsächlich kommt dieser Beobachtung der psychischen und sozialen Systeme mittels dieser systemtheoretischen Begrifflichkeit eine gewisse erstaunliche, ansehnliche  Form  der Deutung  zu, aber alles ist  nur faktisch, selbstreferentiell begründet – und muss durch Wahrheit nicht gerechtfertigt sein.  Welche (erstaunlichen) Beschreibungen sind es letztlich!?  Auf welches Ziel gehen die Erwartungshaltungen und worauf zielen die kommunikativen Lösungsstrategien!? Wann ist die Reduktion der Komplexität zu Ende oder erfüllt? Welche Evidenz ist zu erwarten? Das ist alles empirisch und relativ  und die Gültigkeit hängt ab von der getroffenen Vorentscheidungen bzw. Referenzpunkten. 

2) Die Grundsätze des Verstandes in der Kategorie der Modalität  führen bei KANT bekanntlich zu „Postulaten des empirischen Denkens“ und bestimmen nichts am Objekte selbst, sondern nur dessen Verhältnis zum Erkenntnisvermögen. (KrV A 218.219). Ja, wenn es tatsächlich dieses Verhältnis wäre! Aber KANT überspringt  den existentiellen Ursprungs- und Wissensakt und beginnt immer schon auf einer faktischen, nur sinnlichen, disjunktiven Ebene, wodurch sich Verstandessphäre und Anschauungsphäre  unverträglich gegenüberstehen. Anders gesagt: Die Geltungsdifferenz der transzendentalen Erkenntnisart ist festgelegt durch die replikative Möglichkeit der Erfahrung, die die apriorischen Erkenntnisbedingungen als notwendig rechtfertigen sollen. Die Erfahrung ist nur möglich, wenn diese und jene Anschauungsformen und Verstandesbegriffe und Grundsätze des Verstandes gelten. Das ist aber ein Zirkel. 

Im einzelnen ist  ein dreigliedriger Aufbau vorgesehen:  Synthesis der Apprehension, Synthesis der Einbildungskraft und Synthesis der Apperzeption. 2

Die Postulate des empirischen Denkens heißen wie folgt
1. Was mit den formalen Bedingungen der Erfahrung (der Anschauung und den Begriffen nach) übereinkommt, ist möglich.
2. Was mit den materialen Bedingungen der Erfahrung (der Empfindung) zusammenhängt, ist wirklich.
3. Dessen Zusammenhang mit dem Wirklichen nach allgemeinen Bedingungen der Erfahrung bestimmt ist, ist (existirt) nothwendig. || (KrV A 218/B 265)

Das macht auf der Ebene der Beobachtung durchaus einen Sinn, aber den transzendentalen Wissensbedingungen nach ist alles realistisch/idealistisch (dogmatisch) vorentschieden und  festgesetzt. Der „Grund der Erfahrung“ ist transzendental-reflexiv und transzendental-kategorial nicht eingeholt. Er ist bereits empirisch vorgegeben.  

3) „Kant muss man denken, nicht lesen“ (Dr. F. Bader). FICHTE fragt jetzt nochmals genauer nach den Bedingungen der Wissbarkeit der Erfahrung. Die Relationskategorien (Substantialität,  Kausalität und Wechselwirkung), die nach KANT die Erfahrung ermöglichen, sie müssen nach FICHTE wiederum aus einem höheren Setzungsverhältnis und einer höheren Reflexion  a) abgeleitet und b) einzeln für sich  dargestellt und c) untereinander zusammengefasst werden können. Damit wird aber auch der Kategorie der Modalität eine erkenntniskonstitutive  Reflexion und Konstitution in der  verobjektivierenden und verobjektivierten  Anschauung der Wirklichkeit zugesprochen, denn der existentielle Erkenntnis- und Reflexionsakt, der Setzungsakt,  formt die Modalität mit, ob etwas notwendig oder zufällig oder möglich oder wirklich ist. Bei Kant oben hieß es noch, die Modalität ändert nichts am Objekt.

4) FICHTE geht von einer dynamischen Konzeption von Wirklichkeit aus, wie sich anhand des Zeitworts „setzen“ deutlich zeigen lässt. Im Setzungsakt des Ichs liegen verschiedene Weisen des Setzens, implikationslogische und appositionelle und interpersonale Setzungsweisen (Aufforderungen), schließlich noch geschichtliche,  alle sind sie  bedingt und untereinander zusammenhängend durch das Moment der Reflexivität des Sich-Wissens und Sich-Bildens (durch die Ich-Form.) 
„Denn in die reflexive Setzungsweise geht die Behauptung der Gültigkeit der Annahme ein, dass das in Reflexion Genommene identisch ist mit dem, was es zu reflektieren gilt. Für diese Behauptung wird aber Wahrheit beansprucht. Es ist wahr, dass diese beiden Elemente identisch sind, so spricht sich das Wissen aus.“ (Wolfgang Schüler, Grundlegung der Mathematik, 1983, S 91) 

Die Methode in diesem Setzungsakt von Anschauung und zugleich Begriff, d. h. wie es zur Vorstellung=Anschauung kommt, das ist natürlich jetzt eine lange Ableitung, und kann wohl als Meisterwerk des § 4 der GWL (1794) angesehen werden! Die einzelnen Bestimmungen des realen oder idealen Gegenstandes werden nicht sogleich als Gegenstandsbestimmungen ausgeführt (nach der Dualität der apriorischen Anschauungsbedingungen und der gänzlich unterschiedenen apriorischen Begriffe), vielmehr sind alle Bestimmungen innerhalb eines  ichhaften Verhältnisses des „Anstoßes“ (einer Hemmung oder einer personalen Aufforderung) gesetzt, und innerhalb dieser  Form der Reflexion und des Zweckbegriffs wird die Erscheinung und Objektivierung eines gegenständlichen Seins aufgebaut. Diese Objektivierung ist dann nicht mehr faktisch abgelesen, sondern genetisch gebildet ohne realistische oder idealistische Voreingenommenheit und unbewiesene Voraussetzung. Es ergibt sich, oft in allen WLn ausgeführt, eine unendliche Reflexionsmöglichkeit in einem dreifachen Sinn des Sehens, und, je nach Gesichtspunkt, das System fünffachen Wissens – und die Evidenzformen Natur, Logos, Geschichte und Sinn. (Vgl. dazu J. Widmann, Struktur transzendentalen Wissens.) 
Aus der modalen  Notwendigkeit einer absoluten Begründung und Rechtfertigung – das ebenfalls viel weiter auszuführen wäre, d. h. aus der Erscheinung des Absoluten –  fließen
theoretisch-sinnliche wie praktisch-sittliche und absolute Bestimmungen in den  „Schematismus der reinen Verstandesbegriffe“ (KrV B 176ff; A 137ff, 187) mitein, wenn ich mit Kant das analog verdeutlichen will.
Die Schematisierung ist hier im Grunde total gedacht,  beginnend als Wollen im Trieb bis zur Selbstbestimmung und Wollen der Freiheit mittels Vernunft.  

Die Formen der Grundsätze des Verstandes, mit Kant als Axiome der Anschauung, Antizipationen der Wahrnehmung, Analogien der Erfahrung und Postulate des Denkens ausformuliert, sie haben auf der faktischen Ebene der sinnlich vorausgesetzten Natur durchaus einen Sinn, aber sie sind von ihm nur faktisch eingeführt und beweisbar. Fichte hingegen hat sie  aus dem Setzungs- und Erkenntnismodus des Sich-Wissens und Sich-Bildens abgeleitet, d. h. genetisiert als Formen des Schematismus, d. h. als apriorische Anschauungs- und Begriffsformen eines Setzungs- und Reflexionsaktes.  (S.  Maimon hat chronologisch vor Fichte  die apriorischen Anschauungs- und Begriffsformen Kants  skeptisiert; ein „Aenesidemus“ hat schließlich Kant für Fichte „verdächtig“ gemacht.) 
Anders gesagt: In der KrV KANTS ist die Mannigfaltigkeit in den Anschauungen schon vorgegeben – und wird durch die kategorial-apperzeptive Subsumtion der Mannigfaltigkeit unter die Verstandesbegriffe und unter der transzendentalen Apperzeption des „Ich denke“ zur Einheit zusammengefasst. 3
In der transzendental-apperzeptiven Zeitbestimmung FICHTES ist  hingegen die Mannigfaltigkeit der Empfindung nicht einfach vorgegeben, sondern a) notwendig im Konkretionsakt und Reflexionsakt der Bestimmung von Qualitäten  gesetzt, d. h. die  formale Mannigfaltigkeit liegt im Sehen selbst begründet  und sie wird b) durch die appositionelle Zeitsynthesis im übergehenden Willen zu einem zusammenhängenden Ganzen der Erfahrung aufgebaut – mittels reflexiver Ideen und kategorialer Begriffe.  

Der auf das Nicht-Ich übertragene Begriff einer substantiellen „Realität“  ist  ein implikationslogischer und ein appositioneller Begriff, ist Vorstellung, erscheinungsobjektiv und erscheinungssubjektiv zur Wirklichkeit der Anschauung hin auflösbar, nicht Anschauung oder Realität an sich.  Das vorstellende Ich setzt das Nicht-Ich in sich und insofern als einen bestimmten Teil; aber es setzt damit zugleich das Nicht-Ich per hiatum  voraus als einen bestimmten Teil einer unbestimmten Größe, nämlich in einer Gesamtsphäre, die Ich und! Nicht-Ich umfasst  in einer absolut stehenden Anschauung und einem teilabsoluten Grund. So abgeleitet und reflexiv-bewusst  bekommt das Nicht-Ich durch Übertragung eine Substantialität und Kausalität (als Qualität bzw. pl. Qualitäten) und eine Wechselwirkung in der Erscheinung und für die Erscheinung.
Anders gesagt, es ist genetisch (im Aufbau des Bewusstseins) die Notwendigkeit  gegeben, das Nicht-Ich in seiner
notwendigen Eigenrealität gegenüber der Realität des Ichs ständig und alternativlos als Substrat anzusetzen.

Eine Substanz wiederum ist nicht als Fixiertes zu denken, sondern als etwas, das zwischen sich aufhebenden Qualitäten (Akzidentien) eintritt und sie zusammenhält.
Eine angestrebte Vermittlung zwischen beiden Auffassungen ergibt wiederum den Begriff der
Ursache,  durch den die einander aufhebenden Qualitäten als Effekte einer! höheren Einheit (der Kausalität) verstanden werden. Der Grund dieser objektiven Verwendung und Anwendung der Erfahrungskategorien (Substantialität und Kausalität und Wechselwirkung) ist damit nicht bloß faktisch festgestellt, sondern aus der Möglichkeit eines Sich-Wissens und Sich-Bestimmens durch ein Wollen und einen Zweckbegriff abgeleitet. 
Obwohl die nichtichliche Ursache im wirklichen Bewusstsein stets notwendig angesetzt wird, ist sie damit
nicht als notwendiger Grund an sich angesetzt – ein Punkt, worüber die Materialisten stolpern. Die wirkende Ursache ist als kontingent Wirkendes  angesetzt. Die Wirkungen – z. B. naturale Wirkungen, gesellschaftliche Wirkungen – sind aus dem Ich auf das Nicht-Ich übertragene Erscheinungen. Der nur gedachte, kontingente Zusammenhang der Akzidenzien in einer Substanz (oder in plurali formuliert, in mehreren  Substanzen)  wird nach dem Modus von Ursache und Wirkung somit aus dem Bewusstsein für bedingt erklärt. 

Z. B. naturphilosophisch im transzendentalen Sinne heißt das,  um eine Teilrealisation des Sich-Wissens und Sich-Bildens zu beschreiben:  Ich und Nicht-Ich greifen nicht als Substanzen, sondern nur als von einander unabhängige Ursachen kontingent ineinander durch kategorial gedachte Wechselwirkung. Diese Wechselwirkung ist bedingt notwendig. Wenn es nämlich zu einem wirklichen Bewusstsein kommen soll, muss die gesamte Natur unter eine Idee, nämlich Zwecke zu realisieren, stehen.
Die Erkenntnisbedingungen sind auch die der Gegenstände selbst“ (Kant, KrV, A 158), so die Erklärung bei Kant, von S. Maimon  skeptisiert,  sie haben bei FICHTE einen apriorisch notwendigen Zweck-Zusammenhang von Denken und Sein, damit Selbstbestimmung und Freiheit ermöglicht werden. Soll es Wissen und Freiheit geben, so müssen die zuerst hypothetisch eingeführten Reflexionen der WL in realitate gültig sein. Die produzierende und reproduzierende (reflektierende) Urteilskraft setzt die Dinge in einem lebensrelevanten, praktischen Wert- und Sinnzusammenhang. Die Freiheit ist theoretisches Bestimmungsprinzip der ganzen Erkenntnis geworden.4

(c) Franz Strasser, August 2013

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1Es ist nochmals ein eigenes Problem, wenn KANT unter „transzendentaler Erkenntnisart“ in der Auflage B (1787) bereits etwas anderes versteht als in der Auflage A (1781) Die oben zitierte Stelle der 2. Auflage B 25 inkludiert ausdrücklich die mögliche Erfahrung als Gültigkeitskriterium. Die 1. Auflage der KrV spricht von „Begriffen a priori von Gegenständen überhaupt“ (KrV A 11) und lässt m. E. eine weitere, d. h. synthetisch-apriorische Interpretation zu als das restriktive Moment der „möglichen Erfahrung“.

2Die empirische Apprehension beschreibt KANT wie folgt: § 26, KrV B 160 „Zuvörderst merke ich an, daß ich unter der Synthesis der Apprehension die Zusammensetzung des Mannigfaltigen in einer (reinen) empirischen Anschauung verstehe, dadurch Wahrnehmung, d.i. empirisches Bewußtsein derselben (als Erscheinung), möglich wird.“

3Natürlich finden sich auch Aussagen, dass die Synthesis des „Ich denke“ sogar vom Bewusstsein hervorgebracht ist, also nicht bloß nachträgliche Zusammenfassung einer Mannigfaltigkeit unter einen Verstandesbegriff; aber das bleibt notwendig unterbestimmt: Siehe z. B. „Verbindung ist Vorstellung der synthetischen Einheit des Mannigfaltigen. Die Vorstellung dieser Einheit kann also nicht aus der Verbindung entstehen, sie macht vielmehr dadurch […] den Begriff der Verbindung allererst möglich“ (KrV B 130f) Kant bleibt hier irgendwie gespalten – und die Lager seiner Interpreten: Einerseits sagt er, dass die Handlung des Subjekts „(…) den inneren Sinn seiner Form gemäß bestimmen (kann), (sie) bringt so gar den Begriff der Sukzession zuerst hervor (…) KrV, B 155, Bd. 3, 151), dann aber wird er wieder un-transzendental, wenn er wieder stark betont, dass die Anwendungsbedingung der kategorialen Verstandesbegriffe nur für den sinnlichen Bereich gelten. Die originäre Leistung der Einbildungskraft wird zwar vorausgesetzt, aber nicht mehr reflektiert.

4Soweit zur Modalitätsdarstellung nach den Prinzipien der WL. Zur genaueren Darstellung siehe  bei R. LAUTH, Naturlehre, Hamburg 1984, S 47ff.

Autor: Franz Strasser

Dr. Franz Strasser