J. G. Fichte, Wissenschaftslehre 1811 – 5. Teil, 24. – 30. Vorlesung (in Stichworten) 

24. Vorlesung
S 145

Die Folgen aus dem Soll: a) ein unendliches Vermögen zu schematisieren

b) besonders entscheidend aber, neben diesem Bild vom Soll, ist jetzt der Inhalt des Bewusstseins.

Es wird davon ausgegangen: das absolute Vermögen der Erscheinung vollzieht sich. Es folgt ein Schema seiner selbst. Das ist aber bestimmt von einem Gesetz, dass es selber nicht vollziehen kann.

S 146 Das Sein tritt im Schema heraus als ein absolutes Soll, das ergibt schematisiert ein „Bild eines soll.“ (ebd. S 146 Z 2)

a) Es ist Bild eines Unbedingten

b) Was Inhalt dieses Soll ist, tritt nicht selbst als Schema hervor, sondern wir schematisieren es.

S 147 Es ist ein Bild eines reinen Soll.

Freiheit ist nur im Übergang zum schematischen Sein. Letzteres ist ihr Effekt. „Sichvollziehung der Freiheit ist bloß formale Seynsbestimmung der Erscheinung.“ (ebd. Z 27)

S 148 – Freiheit und Sein sollen hier streng voneinander unterschieden werden, nicht im Übergang zur Disjunktion oder Dreifachheit oder Fünffachheit gesehen. Die Soll hat eine „doppelte Kausalität in demselben Einen Schlage: es stellt sich selbst dar: sich: es tritt heraus: es stellt sich dar: es ist der Grund dieses seines Schema; (…)“ (ebd. Z 20f)

Das Soll ist für das Vermögen Bedingung der Möglichkeit des Könnens, „faktisch, übereinstimmend mit dem Kann.“ (ebd. Z 30)

Vollzieht es sich, kommt es zu einem Bild des Soll, das absolute Soll ist zu einem „Als des soll“ (ebd. S 149 Z 3) geworden, Soll des Soll.

S 149 – Das Soll ist absolutes Prinzip und ist faktisches Prinzip, bestimmend das Faktum, „zusammenfallend mit dem Kann“ (ebd. Z 9) Es fordert nicht eine bestimmte Vollziehung der Freiheit, sondern nur eine Vollziehung derselben insgesamt, „die stets möglich ist, und durch das absolute Seyn der Freiheit gegeben.“ (ebd. Z 13)

Wir können gleich hinzusetzen, indem es schon hier durchaus klar ist, daß es noch eine dritte gemischte Beziehung des Soll auf die Freiheit giebt: diese in Absicht der Unendlichkeit. Es kann ins unendliche fort, zufolge der formalen Freiheit; aber es kann nie die Unendlichkeit selbst vollziehen, zufolge des Wesen jedes Faktum, das allemal endlich ist. Hier liegt der Widerspruch in der Synthesis: Faktum, u. Unendlichkeit, und wird gelöst nur durch das unendliche Princip der endlichen Thaten.„ (ebd. S 149 Z 15)

Die Deduktion war: Das Sein ist ein Soll. Das ist das ideale Sein an Gott

Es herrscht hier Faktizität. Das Denken macht nicht das Soll im Sein, es soll es nur finden.

S 150 Wenn es aber vollzogen wird, ist es.

Die Deduktion ist eine Wechselwirkung durch Bedingheit. Die Deduktion war nur hypothetisch. Jetzt ist gefragt: Die vollständige Erschöpfung des Soll des Gesetzes.

25. Vorlesung

S 150 Es geht um ein Bild des Soll. Ist darin ein Leben, ein Sehen, eine Form des Bewusstseins? Nein.

Die Erscheinung Gottes als solche soll sein, absolut bestimmend die Freiheit in der Selbstbestimmung der Erscheinung Gottes.

S 151: Das Soll muss Kausalität haben können.

Wir haben erst ersehen: wie die Freiheit überhaupt sich vollzieht, hat das Soll Kausalität zur Erscheinung eines Bildes seiner selbst, des Soll. Dies ist erwiesen, u. bleibt drum wahr. Hier sehen wir, zufolge desselben absoluten soll muß auch die Erscheinung als solche erscheinen, sobald die Freiheit sich vollzieht. Durch unmittelbare Kausalität der Freiheit sind beide Kausalitäten bedingt. (…) Darauf, daß man dieses Zugleichseyn absolute einsehe, kommt es mir hier eigentl[ich]. an. Das aber beruht auf der Absolutheit des Soll, in dieser beiden Bedeutung, auf der Apriorität u. Unbedingtheit dieses Inhalts des Soll vor aller Freiheit / das soll kann hinterher manche Bedeutung bekommen, die bedingt ist durch die Voraussetzung einer Freiheit, in dem, u. dem Zustande. Ein solches Soll gilt freilich nur unter seiner Voraussetzung. Hier ist zu erweisen, daß dies hier ohne alle Voraussetzung gelte. Dies aber ist klar: Gott erscheint schlechthin, u. eben so schlechthin erscheint er als solcher. Aus dem ersten folgt das Bild des Soll, aus dem zwei- ten das Bild der Erscheinung selbst; beides unmittelbar, sowie nur die Erscheinung sich vollzieht. -.“ (ebd. S 151 Z 4ff)

S 152 – Es folgt bei Vollzug der Freiheit somit a) ein Bild des inneren Seins der Erscheinung und und b) Bild des formalen und äußere Seins, ALS Erscheinung.

(Die Unendlichkeit wird fallen gelassen als dritte Möglichkeit).

Von der Dreifachheit kommt es zur Fünffachheit des Seh-Aktes.

Das materiale Soll ist einer weitere Bestimmung und Disjunktion durchaus unfähig.

Es erscheint immer das Soll – in fünffacher Gestalt, als Produkt.

Das Soll ist auch Prinzip der Unendlichkeit, (in seiner absoluten, actualen Unvollziehbarkeit)

Fünffachheit und Unendlichkeit sind in Disjunktion – und durch die WL in systematische Ordnung gebracht. Was erscheint, ist wieder das Soll, begrifflich in Fünffachheit durchdrungen, die Synthesis Gottes mit der Freiheit Gottes.

153 – Das ist die Form der Erscheinung. Was ist der Inhalt derselben?

S 154 Mit der Erscheinung ist das gesetzliche Produkt der Tat das Bild und sein Reflexes.

Die synthetische Einheit des Bildes und seines Reflexes ist das formale Bewusstsein.

Das Bild alleine wäre tot. Es tritt ihm entgegen der Reflex, dass es „blosses Vermögen zu diesem Bilde“ (ebd. Z 15) sein kann, „in welchem das Bild unmittelbar ist, u. selbst abgebildet. Dadurch entsteht das das Objekt nicht seyn, nicht in demselben aufgehen, darüber schweben, welches in allem Bewußtseyn sich zeigt.“ (ebd. Z 16f)

S 155: Der Grund der Objektivität ist dann ein Sehen, „ein sich durchdringendes Schema eines Vermögen zu einem durchaus bestimmten: daß die Bestimmtheit in der Mannigfaltigkeit liegt, (….)“ (ebd. Z 5f)

Es ist nicht ein Erschaffen, sondern ein Beruhen des Vermögens auf sich selbst, und das „darüberschweben des Sehens“ (ebd. Z 12)

An dieser Bestimmtheit = Objektivität bricht sich das Sehen, endigt es sich, das Vermögen ist hier zu Ende.

S 156 – Das Übergehen zu einem neuen Bewusstseins im Sehen – und zugleich das Übergehen zu einem neuen Schematisieren des Zustandes. Das ist das Sehen des Sehens.

Das neue Bewusstsein gründet sich auf das Soll und auf das Soll eins Als.

26. Vorlesung

S 157 Das erste Sehen ist Reflex eines unmittelbaren Bildes.

Das zweite Sehen ist Reflex des Reflexes.

Das erste war kein Erschaffen. Das zweite ist ein aktives Stillestehen dem Objekte gegenüber.

S 158 Das Sehen ist zuerst ein sich selbst aufgehendes, sich selbst durchdringendes Schema. Es hat sein gesehenes Objekt d. h. das erste Vermögen oder Sehen.

Wodurch wird diesem ersten Sehen jetzt durch das zweite Sehen Sichtbarkeit eingesetzt? Durch die Freiheit. Das ist Sehen des Vermögens als solchen. Ich sehe und tue es.

Gibt es ein solches Sich-Halten der Erscheinung durch absolute Freiheit?

S 159 Das wäre ein weiteres Prinzip, eine andere Bestimmung der Freiheit.

Bisher: Das Soll in Synthesis mit Freiheit war ein Vermögen. Es gab drei Weisen der Kausalität des Solls: a) Sichvollziehung der Freiheit mit Bild des absoluten Solls

S 160 b) Kausalität als Als der Erscheinung

c) Kausalität zur Unendlichkeit

Ad a) Kausalität setzt hier kein Produkt voraus:

Ad b und c) führt zu einem Produkt, Bild; die transzendentale Bedingung der Voraussetzung dafür ist das a eines möglichen Bildes eines Gesetzes.

Nach vollzogenem ersten Bild soll das Soll ein in zweiter Bedeutung des ALS unendlich und als ALS erscheinen. Hätte es nun als Unendlichkeit Kausalität, so käme es nie zu einem Als, nur zu einem Strome von Bildwesen.

Frage: So hat kein Soll Kausalität unter Voraussetzung der Freiheit?

Die Freiheit muss den Strome anhalten, damit es zu einem wirklichen Als käme – das Soll im zweiten Sinn ist eine synthetische Einheit des Soll, das in der Faktizität zum Als oder zur Unendlichkeit wird.

S 161 – es braucht ein bedingte Notwendigkeit des Haltens; ein Sich-Anhalten als schematisches Sein. Das wäre ein neues Prinzip, Vermögen unter dem Hauptvermögen.

27. Vorlesung

S 162 Die Grundlage ist ein Ich; das System des Wissens ist gefragt; Sehen des Sehens; Bewusstsein des Bewusstsein;

S 163 – der schematische Zustand;

Das Gesetz am Faktum ist unendlich;

die media nach außen sind vollendet – nach innen unendlich;

ein Reflex begleitet die Vollziehung – aber nicht das Anhalten, weil er als Reflex selbst schon Resultat des Anhaltens ist

S 164 – Das Schema des Vermögens im unendlichen Bilden Anhalten zu können, das ist erster Reflex des Bildes selbst

Das Bild ist nicht Produkt des Gesetzes, sondern Produkt einer Zusammenwirkung des Gesetzes u. der sich hingebenden Freiheit.

Es ist ein besonderes Sich Hingeben mit Unterdrückung des Möglichen

S 165 – das Schema eines Sich-Haltens

Die Erscheinung soll im Sich-Anhalten erscheinen.

S 166 – früher war Schema ein Vermögen durch Freiheit, unmittelbare Kausalität des Gesetzes, jetzt soll das Vermögen ein Sich-Anhalten sein:

Nicht das Faktum des sich Anhaltens, da wo es zu Ende ist, sondern das Vermögen des sich Anhaltens überhaupt, wirklich u. in der That als seyend hingeschaut drum, ein wirkliches Halten, das sich eben drum über das ganze Bild verbreiten muß, so wie früher ein wirkliches sich hingeben [sich] verbreitete über das ganze Bild. Dies ist der Unterschied. Vermögen neben u. mitwirkend [mit] dem Geseze; Vermögen unabhängig vom Gesetze: indem eben der ganze Akt des Anhaltens als einem allgemeinen Vermögen verbreitet ist über den ganzen Inhalt des Bildes.„ (ebd. S 166 Z 16f)

S 167 Es ist ein Verschlossenheit des äußeren Sinnes – und dennoch Bilder habend. Dort ein Fortfließen der Erscheinung mit dem Mannigfaltigen und hier Anhalten, Stehen des Repräsentierens.

S 167 – vollständige Reflex des Reflexes ist beides: Sichhalten im Bilde und Sich-Hingegeben können oder auch nicht.

28. Vorlesung

S 168 Welches Vermögen ist das? Die Verknüpfung der Teile war Resultat seines Hingebens – und der Reflex ist Vermögen der absoluten Zusammensetzung der Teile und des absoluten Teilens.

S 169 Dieses Vermögen ist die frei reproduzierende Einbildungskraft.

Es ist ein Reproduktionsvermögen in Beziehung auf die feste und stehende Erscheinung

Die entgegengesetzte Zustände, d. h. Sich Hingeben und Sich Anhalten können vereinigt werden in einem Sehen als einer Synthesis von Mannigfaltigkeiten.

Das Sehen und das So-Sehen wird als Dasselbe vereinigt – im Ich als Ich, als Selbstbewusstsein.

S 170 – 174: Im Seh-Akt ist das Sich-Hingeben unendlich und das Teilen unendlich.
Dies gilt aber nur für die absolute Sichtbarkeit, nicht für die Wirklichkeit eines schematisierenden Bewusstseins.

Jedes mögliche Bild, welches wir indessen als gegeben voraussetzen, ist in sich selbst schlechthin unendlich. Das Vermögen der Erscheinung aber dasselbe zu theilen, ist gleichfals unendlich. Dieses Vermögen der unendl[ichen]. Theilung aber wird niemals vollzogen; es bleibt drum ins unbedingte bloßes Vermögen, u. wird niemals That. Dieses Vermögen hat seinen Reflex, heißt, es ist ein Vermögen des Vermögens: es stellt sich dar ein Vermögen, das nur Vermögen ist, ein absolutes reines Vermögen. Dies kann offenbar nur im Schema seyn, keineswegs in der Wirklichkeit; es ist drum ein sich als Schema durchdringendes Schema; oder Sehen: – Resultat:“ nur das Vermögen zum unendlichen ist blosses Vermögen. Soll dieses seyn, so kann es nur seyn in seinem Schema: d.i. im Sehen. Seyn eines unendlichen Vermögens u. Sehen ist drum Eins; es ist nur in absoluter Sichtbarkeit, niemals in der Wirklichkeit. Sein Seyn gesezt macht das Sehen nothwendig (dies ist drum deducirt)[;] u. umgekehrt, aus dem Sehen folgt dies; ein absolutes Sehen gesezt, wird dies durch dasselbe, u. in demselben gesezt. Von Realität ist garnicht die Rede; es widerspricht: von dem reinen u. absoluten Sehen ist die Rede, welches durch sich jenes in sich enthält, und es durch sein Faktum aus sich projicirt.“ (ebd. S 170 Z 13ff)

Sehen ist wirkliches Vermögen u. Unvermögen in absoluter Synthesis. Im jezt beschriebnen absoluten Sehen vermag das Vermögen und thut wirklich, beschreiben nemlich sein Vermögen, und dies giebt dem Sehen den formalen Theil, das Licht; dann sein faktisches Unvermögen, das doch idealiter Vermögen ist. Das lezte giebt das, an welchem das formale Sehen sich bricht, u. in ihm begrenzt ist. Also: das Objekt des absoluten Sehens ist – die Undurchdringlichkeit der Erscheinung für sich selbst, vermöge der Unmöglichkeit einer unendlichen Theilung: Hier hebt das Sehen an, und ist absolut, u. rein (keines zu seinem Seyn bedürftig) u. ist schlechthin nothwendig. Noch dies, um den Beweiß schlagend zu machen: Die Erscheinung schaut an ihr unendliches Vermögen. Nun ist dieses unendliche Vermögen niemals in irgend einem Faktum gegeben; es entsteht also durch das Sehen selbst, u. wird hingeschaut. Es ist hier der umgekehrte Reflex: nicht die Unendlichkeit reflektirt sich in Einheit, so daß von ihr die Bewegung ausgi[ng]e, welches schlechthin unmöglich ist, sondern die Einheit des Sehens reflektirt sich in der Unendlichkeit, weil sie nur unter dieser Bedingung ein Sehen ist; u. vom Sehen, als dem absolut ersten, geht alles aus. [Hier ist] Hinschauung. Der absolute Stoff, daran das absolute Sehen sich bricht, ist eben die, dann nicht durch das Vermögen durchdrungne Unendlichkeit. Der Stoff also wird aus dem Sehen hingeschaut. Alles, was wir bisher als ausser dem Sehen befindlich angenommen haben, ist nur im Sehen selbst; dieses aber ist das absolute Faktum. Daß es selbst ist, nur zufolge des soll, ist wohl klar; auf welche Weise, das dürfte eine höhere Untersuchung nöthig machen. Kurz[:] das absolute Sehen mag selbst wohl der Reflex seyn von etwas; wovon, wird ausgemittelt werden*; von dem unendlichen, wenn es in demselben vorkommt, ist es nicht der Reflex, sondern dieses ist unmittelbar der seinige. W.D.E. W.“ (ebd. S 171 Z 2ff)

Das Vermögen des Sehens wird weiter beschrieben, inwiefern darin enthalten sind a) Einheit wie b) Mannigfaltigkeit und wie es durch durch das Sehen zum Ich-Begriff als Produkt kommt.

2). Die Form des Sehens hat seinen Sitz im erbliken des unbedingten Vermögens der Erscheinung zu theilen im Unendlichen: Es ist daher Bedingung alles Sehens, daß dieses Vermögen erblikt werde. Es liegt in diesem Sehen der gestern beschriebne Reflex in seinen beiden Theilen; es muß vorliegen dem Sehen, u. dieses gebrochen werden an einem feststehenden Unendlichen, dem gehaltnen Bilde, und ein Vermögen, welches in dem Unendlichen Theile dieses Bildes nach Belieben auffaßt, anders zusammensezt u.sw., alles, wie wir oben beschrieben haben. -. Hier ist nur dies hinzu[zu]setzen: Dieses Sehen liefert in das erst beschriebene Sehen des unendlichen Stoffes erst die Lichtform: Das leztere ist drum nicht ohne dieses, alle sind synthetisch vereinigt, und der Quellpunkt, von welchem der ganze Zustand ausgeht, wäre nun die Anschauung des Vermögens zu theilen ins unbedingte, worin nun das unbedingte, u. unendliche selbst enthalten ist. Also, das Halten, u. das Vermögen der Theilung wäre nun selbst, wie vorher die Unendlichkeit, projicirt, u. hingeschaut durch das absolute Sehen, u. diese wären sein Reflex, keinesweges, wie es vorher erschien, das Sehen der Reflex dieser. W.D.Z. W.“ (ebd. S 172 Z 5ff)

3.). Das theilende Vermögen kann nicht gesehen werden, wenn nicht das halten des Ganzen, in dem getheilt wird, zu- gleich, u. in demselben Einen Akte gesehen wird. Ein Theil ist nur in Beziehung auf das Ganze ein Theil; so wie das Ganze ein Ganzes, d. i. ein mannigfaltiges ist, nur in Beziehung auf darin unterschiedene Theile. Das Sehen des theilenden Princips, und das Sehen des Ganzen, welches getheilt wird, sezt drum ein gemeinschaftliches, Eines u. umfassendes Sehen voraus, in welchem beides gesehen, u. als Sehen gesehen wird. (In der Theilung hat man offenbar das Ganze, sowie den Theil gegenwärtig, in Einem u. eben demselben Bewußtseyn: u. daß man beide nur im Sehen hält, ist wohl daraus klar, weil jeder sich bewußt ist, beides, Theil oder Ganzes, auch grösser, oder kleiner hinschauen zu können. Ja, was noch mehr ist: Das Vermögen soll gesehen werden, als ein freies Vermögen, so oder so zu theilen ins unbedingte fort; es müssen drum in diesem Bewußtseyn, als Einem vorkommen mehrere Theile, ins unbedingte, indem nur an dieser Mehrheit, u. in der Indifferenz der Freiheit des Theilens für sie, das Vermögen als solches sich ausspricht. Also: ein Sehen des ganzen, u. ein anderes Sehen, das selbst wieder in sich enthält mehrere Sehen von mehrern Theilen, soweit eben die Theilung geht, ist befaßt in Einem gemeinsamen Sehen.“ (ebd. S 172 Z 26 u. S 173 bis Z 19)  

Was ist dies nun für ein Sehen? Alles Sehen ist Bild eines Vermögens; der Gegenstand, der Träger, das, woran dieses Eine Sehen sich bricht, wäre drum gewiß das Vermögen der Erscheinung. – . Nun, wohlgemerkt, ist dieses Sehen ja das Sehen des unten liegenden mannigfaltigen Sehens, u. dieses leztere ist sein Objekt: es selbst bricht sich in ihm, u. das ist seine Grenze. Wenn drum in diesem Sehen das Vermögen ausgesprochen wird, wird [es] zwar gesehen durch das Eine Sehen hindurch, als sein Objekt, aber es wird nicht gesehen in ihm, nicht durch dieses Eine Sehen projicirt, u. hingeschaut. . Sonach ist dieses Vermögen reines Vermögen, Vermögen zu nichts von alle dem, was unten liegt, u. wird angeschaut: eins, rein, auf sich selbst ruhend: blosses Vermögen und nicht mehr. Die Erscheinung, rein aus sich projicirt, aber als Vermögen überhaupt, nicht zu diesem oder jenem. Nun soll die Erscheinung seyn, die unter anderm eben sichtbar Eine, u. dieselbe [ist]. Durch diese Synthesis [manifestiert sie] den Charakter des sich haltens gegen das Mannigfaltige in ihr selbst: u. des sich bestimmens.
5 Wie nun daraus das Ich folge, dafür [brauchen wir] frische Kräfte. 1.) was ist es[?] 2.). [es ist] schlechthin a priori, Produkt des Sehens, u. nichts mehr: [dies ist] seine Genesis. -. Sie sehen drum, u. werden sehen, was von der gewöhnl[ichen]. Ansicht der W.L. zu halten ist. (ebd. S 173 Z 19f u. S 174 bis Z 9; Hervorhebung von mir)

29. Vorlesung

S 174 Das Sehen bricht sich somit an sich selbst. Objekt im Sehen ist die Undurchdringlichkeit desselben für sich selbst.

Die Möglichkeit der Teilung ins Unbedingte, aber nicht eine wirkliche Teilung ins Unendliche.

S 175 Das Sehen bringt durch sich selbst sein Sein mit. Ein Objekt; eine innere Begrenztheit des Sehens.

S 176 im wirklichen Sehen bricht sich das Sehen an sich selbst. Es sieht sich selbst wirklich und in der Tat, es trägt durch sich die Ichform.

Das Sehen geht auf im faktischen Sein, in der Objektivität. Es findet ein Faktum des Sehens und sich als das Seiende in diesem Sehen, d. h. als das Sehende.

Das Faktum ist aus dem absoluten Sehen projiziert.

Sich als ein absolutes Sein sieht es.

S 177 Das Sein des Ich wird erblickt als schlechthin unabhängig von allem Sehen. Unabhängig von allem gesehenen Sehen. Es ist ein Sehen des Seins.

Substanz, Akzidenz und Synthesis sind in einem unabhängigem Sein, nicht erst durch das Faktum hindurch gesetzt oder durch das Faktum werdend.

Die Synthesis ist Inhalt des absoluten Sehens, als Sehen seiner Form nach.

Hier ist Duplizität des Sehens und des Seins das Prinzip, a und b/c/d….

S 178 Dies ist schöpferisches Prinzip. Die Einheit ist auch die Mannigfaltigkeit je nach Ansicht des Sehens, ist Reflex von Unbekanntem. In Fünffachheit projiziert es sich.

Absolute Genesis und Faktizität, Prinzip und Prinzipiertheit innerhalb der Faktizität, die Einheit der Anschauung. Alles sind absolute Produkte des bloßen reinen Sehens und nicht mehr.

S 179 Dieses reine Sehen und die Vorstellung der Unendlichkeit ist noch jenseits der Zeit vorzustellen. In die Zeit fällt erst das aus dem Sehen hervorgehende Prinzip der Mannigfaltigkeit.

Aus weiteren, folgenden Gründen wird sich das absolute Sehen selbst verwandeln in Sichtbarkeit, in ein (anderes) Prinzip der Faktizität gegenüber, d. h. nicht in ein vollzogenes Faktum, sondern in ein Grundgesetz solcher Vollziehung.

30. Vorlesung
Dies kann wie folgt eingeteilt werden:

1) Substanz, das Sein

2) Schema des Vermögens, Begebenheit

3) Synthesis ohne allen Grund, ohne Notwendigkeit

4) ich sehe mich – das Prinzip hat Kausalität: Ich teile schlechthin

Dass überhaupt geteilt wird ist Akzidens – es könnte das Prinzip auch nicht teilen.

S 180 die Kausalität ist Akzidens

Wenn es Prinzip ist, fällt notwendig das Prinzipiat so aus. Das Prinzip gibt dem Sein das Gesetz.

Das Bewirkte ist nicht Akzidens, es ist nur das Verhältnis. Beide sind nur durcheinander möglich, Wechselwirkung, ermöglicht durch die synthetische Einheit Ich, durch das absolute Sehen, das notwendig ist ein Hinsehen.

Dies ist wieder die Einheit in der Fünffachheit a – und b/c und d/e.

Erscheinung – gibt durch Vollziehung sich hin dem Gesetze – in der Bestimmung des ALS. Es entsteht das Etwas

Es ist Prinzip der Unendlichkeit. Hält es selbst den Fluss an? Nein

S 181 – Es ist nur im Sehen. Das Dass in der Erscheinung – und das Wie im Gesetz einer kategorialen Seinserkenntnis. Das ist nicht die Erscheinung selbst.

Das Wie ist Ich und ist so bestimmt.

Das „e“ = gehaltene Unendlichkeit und die Mannigfaltigkeit in der Zeitreihe = „d“

Wir haben nicht ein Faktum des Sehens, dass ein Sehen sei, sondern wie es ist, falls es sei, notwendig sein werde, abgeleitet. Als Sichtbarkeit, als absolute Sehensmöglichkeit.

S 182 Die Erscheinung drückt sich aus in einem Gesetz der Sichtbarkeit, – und das ist wiederum ein Reflex.

[Zugrunde liegt] Offenbar die Erscheinung selbst, in ihrem ursprüngl[ichen]. Seyn aus Gott, wie denn auch oben gesagt wurde, daß alles Als auf sie gehe: also die Erscheinung in ihrer Unsichtbarkeit; denn in der Sichtbarkeit, wie wir sehen, ver[wan]delt sie sich in ein faktisch vorgefundnes Ich, als Princip, u.s.f., u. dieses ist nicht sie, sondern es ist ihr Schema. -. W.D.E.W
In wiefern aber auch nur möglich ist, daß wir sagen, was wir so eben sagten, so muß sie ja doch, eben als Urbild, sichtbar werden: Der gegenwärtige Umfang des Sehens müste drum erweitert werden können. W.D.Z.W
Das Sehen muß erweitert werden können; nun ist das oben abgeleitete Sehen das Eine absolute: dies drum könnte durch die Erweiterung nicht verändert werden, indemd so- dann alles Sehen aufgehoben würde; sondern die oben aufge- stellte GrundForm müste, in wiefern sie GrundForm ist, in aller Erweiterung bleiben. W.D.D.W.
Im Falle einer solchen Erweiterung, welches könnte seyn das erweiternde faktische Princip (das faktische; denn daß im Falle des Faktum das Gesez eintreten werde, versteht sich). Offenbar die Erscheinung selbst in absoluter Freiheit.. Hier war sie hingebend, u. dadurch [unter dem Gesetze]a. Das aber müste sie nicht seyn (.Es [ist] hier eine, Duplicität.). W.D.V. W.
Was könnte sie nun doch seyn? Bedenken Sie doch: Das jezt beschriebne Sehen soll, (nicht seiner absoluten Form nach, sondern[)] seinem Inhalte nach seyn Reflex des wahren Seyns der Erscheinung im Hintergrunde. Liegt nun etwa in dem Schema dieser Erscheinung (in dem hier vorkommenden Ich) etwas, das in diesem Sehen nicht realisirt ist. – . Ich sage[:] ja: b. [Ein] Seyn schlechthin unabhängig vom Sehen, u. als Princip! Dies ists nicht. Also die Erscheinung müste realiter, nicht zu einem Sehen, sondern zu einem Seyn Princip seyn können; das eben ists, wovon dieses ganze Sehen seinem Inhalte nach der Reflex ist. Es gäbe sich sodann nicht hin an den blossen Reflex seiner realen Principheit, sondern es wäre es selbst. W.D.F.W.

Aber sein Seyn führt bei sich seinen Reflex. [Die] Grundform Ich, bleibt: – . aber in c. u.s.f. liegt die Ver[än]d[er]ung: es sieht sich an als handelnd. Es entsteht aus seiner Kausalität nicht mehr bloß eine Theilung im gegebenen e., sondern eine neue Schöpfung in dasselbe hinein.
Dies erfolgt] Wieder auf zweierlei Weisen: entweder es ist in der Region der Sichtbarkeit praktisches Princip, oder in der Unsichtbarkeit. – . Falls der lezte Fall, so wird diese Unsichtbarkeit wieder sichtbar gemacht werden können.

Und so hätten wir den[n] hier eine Mannigfaltigkeit innerhalb der Einen Grundform der Sichtbarkeit. Der absolute Grund ist die Ver[än]d[er]ung des Grundseyns der absolut freien Erscheinung. A. in z. B. α β γ. Das ursprüngl[iche]. 
S 184 Seyn der Erscheinung trägt nun bei sich seinen Reflex; wie dieses drum sich ändert, ändert sich dieser, nicht der allg[emeinen]. Form nach (das Schema bleibt immer das Ich, obwohl es unsichtbar wird, u. in den Hintergrund tritt.)[;] aber die Ansicht dieses Ich ändert sich, wie das Seyn. – . Das Sehen ist aus den Faktoren seiner eignen Form; dann α β usw. Diese Faktoren selbst aber sind aus dem mit Freiheit bestimmten Seyn der Erscheinung: Der Umfang dieser Freiheit [ist] aus dem Gesetze: Das Gesetz“ [ist] aus der Synthesis des Erscheinens Gottes mit der Freiheit: und so werden Sie denn wohl die systematische Einheit in unsrer Erscheinung nicht vermissen. (ebd. S 182 Z 15ff bis S 184 Z 12)

© Franz Strasser, März 2023

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Autor: Franz Strasser

Dr. Franz Strasser